Sehr geehrter Herr Fiebig,
das Urteil gegen die Studentin Franziska Senze kam wohl eher im Namen des Völkchens, aber nicht im Namen des Volkes zustande. So klein ist nämlich inzwischen die Fangemeinde des bellum iustum. Selbst die Katholische Kirche hat ihren Vater Augustinus inzwischen im Stich gelassen. Sie hat - wenn auch spät - darauf reagiert, dass der Gerechte Krieg durch das moderne Völkerrecht ersetzt worden ist. Spätestens mit dem Briand-Kellog-Pakt von 1928 war es vorbei mit dem verlogenen Vorwand für Kriege um Interessen. Sie dürfen sich also
einer kleinen Elite zugehörig fühlen, die schlicht und einfach
ignoriert, dass die Charta der Vereinten Nationen das Gewaltverbot postuliert.
Mit zwei Ausnahmen: Individuelle und kollektive Selbstverteidigung (allerdings
nicht ad infinitum, falls Sie demnächst mal wieder einen Fall zu entscheiden
haben sollten, der sich im weiteren Sinn mit der Operation Enduring Freedom
in Afghanistan beschäftigt, denn dieses Recht gilt nur so lange, bis
der Sicherheitsrat sich der Sache angenommen hat, im Fall von OEF also
bis 12. September 2001, als die Resolution 1368 forderte, Terroristen weltweit
gefangen zu nehmen)und die vom Sicherheitsrat anzuordnenden Zwangsmaßnahmen
zur Friedenserzwingung.
Auch für Richter gilt aber das Gebot des lebenslangen Lernens, also sonnen Sie sich micht zu lang im Glanz dieser Elite, zu der auch so illustre Figuren wie Paul Wolfowitz, Dick Cheney, Richard Perle, "Prince of darkness" genannt, John Bolton und Donald Rumsfeld gehören. Dies besonders, wenn Sie den Anspruch erheben, nicht nur der Floskel nach im Namen des Volkes zu urteilen, denn das Volk ist bereits weiter, als Sie. Ich fange mal mit einem kleinen Privatissimum an und flüstere Ihnen ins Ohr, wie sie Erkenntnisse hätten gewinnen können, ohne die vom Verteidiger des Justizopfers vorgeschlagenen Professoren als Experten zu laden, was Sie bei Ihren mageren Kenntnissen zu Recht gefürchtet haben. Sie hätten lediglich - notfalls klammheimlich in der Mittagspause - in die Staatsbibliothek zu gehen brauchen. Dort wären Sie alsdann zielgerichtet auf den Buchstaben "S" in der Rubrik Völkerrecht zugegangen. Der dritte Schritt hätte dem Griff zu Bruno Simmas Kommentar zum Völkerrecht gegolten und schon wären Sie fündig geworden bei der Frage, wie das Verhalten der Regierung Schröder/Fischer rechtlich zu bewerten ist, als diese "selbstverständlich" (Schröder) den USA und den Briten das deutsche Territorium für die Aggression gegen den Irak seit 2002 zur Verfügung gestellt hatte. Professor Randelzhofer aus Berlin, häufiger Expertisenschreiber für viele Bundesregierungen, sagt hat dort folgendes: Überlassung des eigenen
Staatsgebietes.
Nur im ersten Fall wird dem das Territorium zur Verfügung stellenden Staat neben dem aktiv agierenden Staat die Angriffshandlung als eigene zugerechnet." (Randelzhofer in Simma <Hrsg.>, Charta der Vereinten Nationen, § 51 Rn. 28) Dass der politische Beamte und weisungsgebundene(durch die Bundesministerin der Justiz)vormalige Generalbundesanwalt Kai Nehm in der Begründung für die Ablehnung von Ermittlungsverfahren gegen Entscheidungsträger der genannten Bundesregierung zum Mittel der Rechtsbeugung gegriffen hat(sofern man davon ausgehen darf, dass seine Mitarbeiter nicht unter Vierer-Juristen rekrutiert worden sind), indem er obigen Kommentar in sein Gegenteil verkehrte, steht hier nicht zur Debatte, sondern bedarf einer Neubewertung der Staatsanwaltschaften als Organe der Rechtspflege im Sinne der Gewaltenteilung. Übrigens vorbildlich gelöst in vermeintliche laxen Staaten wie Italien. Unser Rechtsstaat sieht zum
Glück den Instanzenweg vor, andernfalls wären offensichtliche
Justizopfer gezwungen, von ihrem Widerstandsrecht nach Artikel 20 Absatz
4 Gebrauch zu machen. Herr Schäuble arbeitet allerdings heftig daran,
diesen Puffer zu beseitigen. Man sollte sich dann aber nicht wiundern,
wenn sich Betroffene auf Roman Herzogs einschlägigen Kommentar
berufen.
Regime Change als Kriegsgrund - und sei der Diktator noch so blutrünstig - ist nach unserem Grundgesetz rechtlich nur dann zulässig, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Regime als Bedrohung für den Weltfrieden eingestuft und entsprechende Maßnahmen angeordnet hat. Im Fall Irak ging es aber gar nicht darum. Vielmehr haben die USA und Großbritannien nicht vorhandene Massenvernichtungswaffen zum Kriegsgrund erklärt und sogar versucht, den Sicherheitsrat mit gefälschten Beweisen auf ihre Seite zu ziehen. Was bekanntlich nicht gelang. Wenn Sie die Gelegeneheit haben, suchen Sie doch einmal das Gespräch mit Herrn von Sponeck, er kennt sich als zurückgetretener Leiter des UN-Programms Öl für Lebensmittel im Irak ein wenig in dieser Materie aus. Sie sehen, Herr Fiebig, wenn man sich als Amtsrichter in die Gefilde der Geostrategie zu begeben gezwungen ist, reicht eine Prozessführung mit altväterlich erhobenen, pseudomoralischen Floskeln an "junge Menschen" nicht aus. Denn diese sind Richtern wie Ihnen um Meilen voraus. Was sonst, als die geltende Rechtslage "absolut" zu setzen, sollte sie denn tun? Etwa Ihre windelweiche Haltung einnehmen? Meine Hochachtung und Anerkennung gilt Franziska Senze. Sie hat ohne Diensteid getan, was Ihre Pflicht wäre: Das Recht zu verteidigen, notfalls unter Inkaufnahme persönlicher Nachteile. Das nennt man gemeinhin ganz lapidar "Zivilcourage", erfordert jedoch im Einzelfall höchsten Mut. Mit freundlichen Grüßen
Urteil Airbase-Prozess: Gerechter Krieg? Komitee fur Grundrechte und
Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Koln,
Koln - Bonn - Frankfurt,
31. August 2007
PRESSEMITTEILUNG Airbase-Prozesse (Irak-Krieg
2003) gegen Friedensbewegung:
Verurteilung im Sitzblockade-Prozess
-
Das Amtsgericht Frankfurt
verurteilte am 31. August 2007 die Studentin
Senze war zunachst wegen
des Straftatvorwurfs der Notigung (? 240
Die Angeklagte nahm in ihrem
Pladoyer fur ihren gewaltfreien Widerstand
RA Thomas Scherzberg, Frankfurt,
stellte als Verteidiger Beweisantrage zur
Alle Beweisantrage wurden
jedoch vom Gericht pauschal und ohne weitere
Die Angeklagte und die Verteidigung
hatten bereits bei der Beweisaufnahme
Martin Singe, Komitee fur
Grundrechte und Demokratie, Koln Manfred Stenner,
Liebe Gru?e
Zitat von Herrmann Göring
(18. April 1946, Abend im Gefängnis, Görings Zelle):
" ... Nun, natürlich,
das Volk will keinen Krieg", sagte Göring achselzuckend. "Warum sollte
irgendein armer Landarbeiter im Krieg sein Leben aufs Spiel setzen wollen,
wenn das Beste ist, was er dabei herausholen kann, dass er mit heilen Knochen
zurückkommt. Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg;
weder in Russland, noch in England, noch in Amerika, und ebenso wenig in
Deutschland. Das ist klar. Aber schließlich sind es die Führer
eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk
zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische
Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. ...
das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den
Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts
zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten
ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten
das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land."
(S. 270)
"Es war nunmehr notwendig,
das deutsche Volk psychologisch allmählich umzustellen und ihm langsam
klarzumachen, dass es Dinge gibt, die, wenn sie nicht mit friedlichen Mitteln
durchgesetzt werden können, mit Mitteln der Gewalt durchgesetzt werden
müssen. Dazu war es aber notwendig, nicht etwa nun die Gewalt als
solche zu propagieren, sondern es war notwendig, dem deutschen Volk bestimmte,
außenpolitische Vorgänge so zu beleuchten, dass die innere Stimme
des Volkes selbst langsam nach der Gewalt zu schreien begann. Das heißt
also, bestimmte Vorgänge so zu beleuchten, dass im Gehirn der breiten
Masse des Volkes ganz automatisch allmählich die Überzeugung
ausgelöst wurde: Wenn man das eben nicht im Guten abstellen kann,
dann muss man es mit Gewalt abstellen; so kann es aber auf keinen Fall
weitergehen." Adolf Hitler vor
Vertretern
der deutschen Presse, München am 10.11.1938
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(c) Andreas Hauß,
September 2007,
medienanalyse-international.de/index1.html
Im übrigen bewundere ich Frau
Klarsfeld.