Das ICTY contra Krstic: wie in den Haag Wahrheit und Recht "funktionieren": 
 Auszug aus dem Urteil: 
486.In this case, it is undisputed that thousands of Bosnian Muslims, residing or taking  refuge in Srebrenica, were murdered during the period of 12-19 July and , in particular, that varying size groups of men were summarily executed on several sites within the jurisdiction of the Drina Corps.1122 These mass executions were not challenged by the accused.1123 
        487.The Trial Chamber concluded that almost all of those murdered at the execution sites were adult Bosnian Muslim men and that up to 7000-8000 men were executed.1124
{Hervorhebungen von mir, A.H.}
Links ein Auszug aus dem Krstic-Urteil, zu einem nicht gerade unwesentlichen Punkt: ob nämlich der Angeklagte (abgesehen von seiner individuellen Schuld/Beteiligung) überhaupt anerkennt, daß ein Verbrechen geschah.
Relevant insofern - stellen Sie sich vor, Sie ständen vor einem Gericht, des Mordes angeklagt - und man präsentiert Ihnen Beweise dafür, daß jemand tot ist. Sie werden das wohl auch nicht bezweifeln. Nur ob dieser Tote zum fraglichen Zeitraum und am fraglichen Ort starb, ob er überhaupt ermordet wurde, wie, durch wen, und was Sie damit zu tun haben sollen - das ist wohl etwas, was nachzuweisen wäre. Stünden Sie vor Gericht. 
Und wäre es ein wirkliches Gericht. 
Jedenfalls wurde ich stutzig, als ich las, Krstic habe die Massenexekutionen in/bei Srebrenica nicht in Zweifel gezogen - obwohl genau das in der politischen Diskussion durchaus geschieht.
1123 - See in particular the cross-examination of the accused, T. 6489. Zur Anmerkung 1123 erscheint in der faszinierenden (und Wissenschaftlichkeit vortäuschenden) Software des ICTY nebenstehender Fenstertext
22 Q. You can go ahead and have a seat.
23 Now, the 3.500 to 4.000 victims that you noted reading about in
24 the UN report, do you have any reason to believe that those numbers
are
25 not accurate regarding the people that were murdered by the VRS after the
                                Page 6489 
1 fall of Srebrenica?
2 A. I cannot claim that that number is correct.
3 Q. You contest it?
4 A. I'm not contesting it, but I cannot assert that that is the right
5 number.
6 Q. You saw the exhumation evidence. Are you contesting that the
7 bodies that were found in the graves are victims of Srebrenica?
8 A. I'm not contesting the graves. As I have already said, I learnt
9 for the first time about those gravesites in the course of this trial when
10 the Prosecution produced evidence before this Trial Chamber.
11 Q. Do you believe or do you have any evidence to believe that any of
12 those victims recovered from those exhumations were battle casualties?
13 A. Probably. I personally have no evidence on the basis of my
14 previous knowledge, but what has been presented here in court is
15 evidence.
16 Q. Do you have any indication that the people that were found in
17 those graves were battle casualties?
18 A. The indications can be found solely on the basis of the evidence
19 presented here.
20 Q. So you do not contest the exhumation evidence in any way?
21 A. I am not contesting it.
22 Q. Now, did you know that the Branjevo Military Farm was an asset of
23 the Zvornik Brigade?
24 A. At the time, I had no knowledge that the Zvornik Brigade had a
25 farm in Branjevo. It was not at all within the framework of my
activities
                                Page 6490 

1 or responsibilities.

Am 27. Oktober 2000, und das ist leicht zu finden in den Unterlagen des ICTY, stellte - unter dem Vorsitz des Richters Rodrigues - Staatsanwalt Mr. McCloskey Herrn Krstic nebenstehende Fragen: 
ob Krstic einen Grund habe, die Anzahl der in UN-Dokumenten benannten Toten zu bezweifeln.
Krstic wird also NICHT danach befragt, ob er selber eine bestimmte Anzahl von Morden begangen habe oder sie zu verantworten habe oder auch nur davon wisse. Er wird - quasi als sei er Sachverständiger - einzig dazu befragt, ob seiner Ansicht nach UN-Dokumente richtig seien. 
Er wird nach seiner MEINUNG gefragt und  nicht nach Fakten /Faktenwissen.
Und Krstic sagt, er wisse es nicht, ob die Zahlen korrekt seien. Auch bezweifele er nicht die Gräber. Nur habe er von denen erst im Verlauf des Prozesses erfahren.
In Zeile 11 wieder eine Fangfrage: ob Krstic GLAUBE, es handele sich um Gefechtstote?
Krstic antwortet wieder mit einem "Vielleicht". Er habe kein persönliches Wissen - aber man habe hier Beweise präsentiert. Krstic verhält sich also kooperativ und korrekt, als handele es sich um ein echtes Gericht. Er sagt entsprechend seiner Rolle als Angeklagter und Zeuge in eigener Sache, was er weiß und was nicht, und hütet sich, Beweise und Schriftstücke der Anklage bzw. des Gerichts zu bewerten.
Er bezweifelt nicht die Beweise bzgl. der Existenz von Gräbern. 
Das tut in der Sachdebatte über Srebrenica übrigens niemand.

Nur: wer in den Gräbern liegt (rund um Srebrenica wurden schon 1993 weit über 1000 bosnische Serben ermordet, der Bürgerkrieg hatte viele Opfer an vielen Stellen zu verschiedenen Zeiten gefordert, und die Exhumierer sagten, die Leichen seien bewegt worden - von wem? wann?), dazu macht Krstic keine Aussage
Auch nicht zur Zahl
Auch nicht, ob es Ermordete oder Gefechtstote sind, die da gefunden wurden.
Es ist auch nicht sein Job, seine Unschuld durch eigene Exhumierungen, eigene Sachverständige, eigene Untersuchungen zu belegen und so die Anklage zu widerlegen, und selbst wenn es das wäre (beim ICTY scheint das so zu sein): er könnte dies ja nicht.

Wesentlich ist die Fragestellung des Gerichts. Es geht im gesamten Prozess um die Frage der ERMORDUNG der Männer von Srebrenica. Würde Mr. McCloskey DANACH fragen (also z.B.: "Haben Sie irgendeinen Beweis, Indiz o.ä., daß die Toten von Ihren Leuten ermordet wurden?") erhielte er von Krstic ein klares NEIN. Stellte er die Gegenfrage (also "Können Sie beweisen, daß Ihre Männer die Toten NICHT ermordet haben?") erhielte er eine klare Absage, daß Krstic als Angeklagter wohl schwerlich derartiges beweisen könne - aber daß es Indizien (Wahlunterlagen etc.) für das Lebendigsein von einer Vielzahl der angeblichen Toten gebe.
NUR DANACH fragt Mr. McCloskey nicht. Er fragt danach, worum es NICHT geht (ob es Gefechtstote seien), und dies auch noch in Verbindung mit "glauben". 
Das kann kein Zufall sein, keine Ungeschicklichkeit der Anklage.
Es ist schlicht irrelevant, ob Krstic glaubt oder nicht glaubt, es handele sich um im Kampf Gefallene. Man dekliniere mal durch, was denn gewesen wäre, wenn er mit ja oder nein geantwortet hätte! Hätte er dann das eine oder andere gar beweisen müssen? Wäre es dann auch zum Urteilsbestandteil geworden? Die Fragestellung entspricht der klassischen Frage: "Haben Sie gestern aufgehört, täglich Ihre Frau zu verprügeln? Können Sie das beweisen?"
Die Umkehr der Beweislast wird auf diese Weise nicht übel kaschiert.

Zum o.a. Vergleich zu Ihnen als Privatmann: stellen Sie sich vor, Ihnen würden Fotos und Filme des Toten und seiner Exhumierung gezeigt. Sie würden wie Krstic reagieren und die Fotos nicht anzweifeln. Warum auch und auf welcher Grundlage - ? Daß Ihnen dieser "Nichtzweifel" im Urteil als Eingeständnis der Tat ausgelegt würde, als Bestandteil der Beweiskette - würden Sie das in einem rechtsstaatlichen Verfahren erwarten?

Lernkontrollfragen für die geneigte Leserschar:
Sachebene
 

 

Versuchen Sie ANHAND DES VOM ICTY eingebrachten Sachbeweises (also Seite 6489) zu beweisen, Krstic stimme der Behauptung zu, es habe            Massenexekutionen von 7-8000 Männern in Srebrenica gegeben. Lösen Sie diese Aufgabe? Dann seien Sie bestaunt. Begeben Sie sich unverzüglich und direkt nach den Haag und bewerben Sie sich dort als Richter. 
Logikebene Stimmen Sie der Behauptung zu, Äpfel seien Obst? Dann ist klar, daß in Ihrer Sicht Äpfel gleich Birnen sind (denn Birnen sind ja auch Obst). Dieser Tatsache aus der Biologie entspricht die Wissenschaft der Mathematik. Wenn a=c und b=c, folgert daraus, daß a=b. Beim ICTY heißt das: wer Gräber nicht bezweifelt, stimmt auch der Ermordung von 8000 Menschen zu. Stellen sich bei Ihnen noch keine Magenkrämpfe ein, dann stehen Ihrem Berufswunsch "Journalist" oder "Jurist am ICTY" keinerlei Hindernisse entgegen. 
 Methode

 

Fragen Sie in einer fremden Stadt nach dem Weg zum Rathaus einen Passanten  auch mit den Worten: "Haben Sie ein Indiz dafür, daß diese Querstraße dort nicht in die Stadtmitte führen könnte?"? Wenn Sie auf diese Weise durchs Leben und fremde Städte kommen, fahren Sie nach den Haag. Vergessen Sie jedoch nicht, einen Stadtplan mitzunehmen. 
Sinnhaftigkeit Sie halten es für angebracht, Angeklagte zur Beurteilung eines Fotos oder anderen Beweisstücks aufzufordern? Seine Meinung, seinen Glauben zu ergründen? ("Glauben Sie, daß dies ein Foto ist?""Was, meinen Sie, zeigt es wohl?""Haben Sie irgendeinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß der Fotograf Herr Schmitz heißt?""Glauben Sie etwa nicht oder haben Sie Anlaß zu  bezweifeln, daß das Foto/das Video/die Karte Gräber zeigt?") 
            Halten Sie den Glauben eines Angeklagten über den Inhalt oder gar die Wahrhaftigkeit, die Logik der Beweiskettung usw. für einen im Urteil aufzuführenden  relevanten Fakt? ("Der Angeklagte glaubte mir als Richter, daß die Leiche wirklich tot war ...") 
            Ja? Ab nach den Haag. Man wartet schon auf Sie.
juristische 
 Ebene
Entspricht es Ihrem Rechtsgefühl (versetzen Sie sich dazu in die Rolle des Angeklagten), daß die Staatsanwaltschaft möglichst viel Negatives über Sie sagt (auch durchaus Lügen!), daß der Richter diese Fangfragen mit doppelten Verneinungen, Meinungsabfragen usw. zuläßt, und daß die Verteidigung die Aufgabe hat, Beweise gegen die Behauptungen des Staatsanwalts zu sammeln? Ja? Sie sind noch immer hier und nicht beim ICTY? Warum denn nur? 

Und dieses ICTY soll
a) Milosevic verurteilen?
b) Muster sein für einen künftigen Strafgerichtshof, der im Internationalen Recht Maßstäbe setzt?

Ein ICTY,
c) in dem Richter auch mal einpennen - wobei besonders das Schnarchen auffällt
d) an dem Richter und Staatsanwälte öfter wechseln als die italienische Regierung
e) an dem den Chefklägerinnen der Ruf vorausgeht, wie ein Formel-1-Wagen zu agieren (rasanter Start, selten ankommen) oder Politpöstchen zugeschoben bekommen bei guter Führung?

Ein ICTY,
f) das in sich selbst Berufunginstanz ist (sog. Kantinensenat)
g) das den simplen Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht kennt?

vgl. auch:  Warum veröffentlicht das ICTY nicht die gerichtsmedizinischen Gutachten über Srebrenica?



(c) Andreas Hauß, August 2001, http://www.medienanalyse-international.de