Jochen Scholz
15. April 2003
Die PDS badet gerne lau
Wenn die Sprache nicht stimmt so ist das, was gesagt wird, nicht
das, was gemeint ist:
so kommen die Werke nicht zustande;
so gedeihen Moral und Kunst nicht;
so trifft das Recht nicht;
so weiß die Nation nicht,
also dulde man keine Willkürlichkeit in den Worten;
Monatelang war den tonangebenden Häuptlingen der Friedensbewegung aus bündnistaktischen Gründen Masse wichtiger als Wahrheit. Um auch den Teil des Regierungslagers bei den Friedensmärschen aufzubieten, der vor fünf Jahren half, die Humanität im Kosovo herbeizubomben. Damit niemand bemerkte, dass sich Thierse, Trittin und Beer auch diesmal im Stechschritt bewegten, machte man das verbale NEIN der Bundesregierung riesengroß. Die deutschen Unterstützungsleistungen für das Völkerrechtsverbrechen der „Koalition der Willigen“, das bereits mit dem Aufbau der „Drohkulisse“ im Frühsommer 2002 von Ramstein, Frankfurt und Spangdahlem aus begann, wurden dagegen in die argumentative Schmuddelecke verbannt. Hunderttausende von Kriegsgegnern lockte man so auf die falsche Fährte. Denn sie glaubten, dieser Bundesregierung für ihren „konsequenten“ Antikriegskurs den Rücken zu stärken. Anstatt die Lügen des Kanzlers zu entlarven, spielte die Friedensbewegung allzu lange die Pantomime von den drei Affen und lenkte den Protest allein gegen die US-Regierung. Das Ergebnis ist bis heute vor der amerikanischen Botschaft in Berlin zu besichtigen. Die Friedensbewegung ist ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Sie hat die Menschen durch Unterlassen manipuliert. Im Rückblick auf den Berliner 15. Februar versucht sie jetzt, dies zu verschleiern (Papier des Friedensratschlags „Über den Irak hinaus: Nicht nur „Anti“-, sondern auch „Pro“-Bewegung“). All das wird sich rächen. Die PDS verwandelte sich im Dezember in einen Tiger: Sie wollte die Altersversorgung des Bundeskanzlers sicher stellen und stellte ihm eine lebenslange Staatspension hinter Gittern in Aussicht. Für Friedensverrat sieht das der Paragraph 80 StGB vor. Ohne den getreuen Generalbundesanwalt, der sich bereits 1998/99 in gleicher Sache bewährt hatte, hätte Schröder ins Exil gehen müssen. Doch auch von anderer Seite nahte Hilfe. Denn die PDS hatte die Rechnung ohne eine Reihe von Wirten gemacht. Die europäischen Linksparteien fingen an zu lamentieren, man habe ihnen Schröder als innenpolitisches Druckmittel genommen. Den Koalitionären in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern brach der Angstschweiß aus, wenn sie an ihre Zukunft und die Reform des Arbeitsmarktes dachten. Selbst in Brandenburg bekamen die Genossen Sorgenfalten, trotz der sicheren Bank durch den spätpubertierenden NATO-Pfadfinder im anderen Lager. Was also tun? Da hatte plötzlich jemand die rettende Idee: Sind wir nicht
Teil der Friedensbewegung? Also machen wir es genauso wie sie!
War da noch etwas? Richtig, der Wiedereinzug in den Bundestag in
gut drei Jahren. Wir erinnern uns: Als Ursache der Niederlage vom 22. September
wurden mangelndes Profil und ein Glaubwürdigkeitsdefizit diagnostiziert.
Alle gelobten Besserung. Noch sind Aschreste auf den Häuptern zu sehen.
Was macht die deutsche sozialistische Partei?
Eine sozialistische Partei ist aber Friedensparte, wenn sie Freiheits-,
Bürger- und Menschenrechte erkämpft, bewahrt und notfalls mit
dem Strafrecht einfordert ohne einzuknicken.
Die Bundesregierung hat die Würde des Menschen mit Füßen getreten. Sie hat die Verfassung gebrochen. Sie hat das Volk belogen, wo sie zur Wahrheit verpflichtet war. Sie hat die todbringende Fracht über unsere Köpfe hinweg, täglich, ausdrücklich zugelassen. Sie ist damit dem Aggressor gleich gestellt. Die deutsche sozialistische Partei ist ihrer Pflicht nicht gerecht
geworden. Sie hat den Menschen in diesem Land nicht die Augen geöffnet,
weil ihrer Argumentation die Eindeutigkeit fehlte, weil sie lau badete.
Das ist undemokratisch, weil es den Menschen die Chance nimmt, selbstbestimmt
zu entscheiden.
Der Letzte, der lau badete, war kurze Zeit später nicht mehr im Amt. |
Ergänzung von A.Hauß:
Nein, die folgenden Überlegungen sind nicht einmal auf der
Unterstellung von Böswilligkeit, CIA-Abhängigkeit o.ä. gegründet.
Mehr noch: nicht einmal bewußtes Handeln unterstelle ich. Was wir konstatieren können, sieht eher nach unbewußter Dämlichkeit aus. Da gibt es Häuptlinge, die sind entweder sozial abgesichert durch Beamtenposten, durch dickes Abgeordnetengehalt, durch "Stellung" (=Anstellung) in einer sozialen Organisation/Partei, dass man versucht sein könnte, sie als Apparatschiks zu bezeichnen. (Manche von denen sind das schon jahrzehntelang, so lange, dass sie noch aus alten Tagen den Gerhard und/oder den Joschka duzen, so wie Schily und Mahler und Croissant und die ganze feine Gesellschaft - aber das nur nebenbei. Übler das als die Saunarunden Kohls: von Männerfreundschaft über Seilschaft bis Hörigkeit - also Fälle für die Couch. Oft verwechselt man in der Charakterisierung dieses Häuptlingstyps sein Weicheitum mit gewünschter und erhoffter Integrationsfähigkeit.) Die Häuptlinge verzeichnen über die Jahre gelegentlich einen durch ein externes Ereignis (nehmen wir mal: Krieg) hervorgerufenen plötzlichen Zulauf an Indianern. Die sagen solche seltsame Sachen "Wir wollen dies, wir wollen das". Wie geht man mit den Leuten um? - Man "unterbreitet ihnen ANGEBOTE".
O Den Häuptlingen ist es SCHEISSEGAL, worum
es geht.
Die Häuptlinge verstehen die Indiander nicht. Weil sie ihnen nicht zuhören. Weil sie meinen, ihr Weg sei deren Ziel, ihr Mittel deren Zweck. "Die Jungen nehmen die Aktionsform Blockade. Für die Älteren bieten wir eine hübsche Lichterkette an." Liebe Indianer: aber auch ihr hörtet den Häuptlingen nicht zu. Denn die Floskeln werden ja geäußert. Man kann und muss sie dann kritisieren und entlarven. Die Hauptschuld an der Misere liegt jedoch an den Häuptlingen. Sie unterschlugen Herrschaftswissen, das Wissen über die Funktion von Ramstein, das Wissen um die Doppelstrategie der rotgrünen Regierung. Denn die Häuptlinge hatten ihre eigene Agenda, die sie geheim hielten - siehe den obigen Artikel von J.Scholz). Die Häuptlinge haben ein Demokratieverständnis, das irreparabel
nur einen Schluss zulässt: Indianer: wählt neue Häuptlinge,
die NICHT Selbstdarsteller sind.
Wer einmal lügt, dem traut man nicht.
Diese Häuptlinge haben nicht nur den Misserfolg organisiert.
Das ist schon übel genug, denn mit einem erreichbaren Ziel (die Bundesregierung
zu zwingen, z.B. die Überflugrechte zu kappen) wäre der Truppenaufmarsch
empfindlich gestört worden.
"Realismus": Diese Häuptlinge argumentieren bisweilen, es sei
unrealistisch, z.B. die Überflugrechte zu beschneiden. Dann werde
die USA uns keinen Porsche mehr abkaufen, und ob man gar Krieg mit den
USA wolle? Abgesehen vom Mischmasch an Hirngespinsten, abgesehen vom Verschweigen
der simplen Wahrheit, dass sich die Bundesrepublik 1973 und 1986 derartige
Überflugverbote leistete, so wie auch das kleine Österreich 1999
(Jugoslawienkrieg) und jetzt beim Irakkrieg -
Es sind keine Demokraten. Wählt sie ab, schickt sie nach Hause. |