Mzoudi, Schily und der Tanz der Schlapphüte
Ein Zwischenbericht
Als am 5. Februar 2004 Abdelghani Mzoudi vom fünfköpfigen
Richtergremium des Oberlandesgerichts in Hamburg freigesprochen wurde von
dem Vorwurf, Mohammed Atta und der Osamabande beigeholfen zu haben, saß
wegen desselben Vorwurfs bei derselben Beweislage Mounir Al-Motadassadeq
schon über ein Jahr von seiner lebenslänglichen Haft ab. Der
Bundesgerichtshof hat das Motassadeq-Urteil mittlerweile kassiert und den
Fall an das OLG zurückverwiesen. In den USA wartet derweil seit Sommer
2001 Zacarias Moussaoui auf eine Verhandlung seines Falles als sogenannter
„zwanzigster Attentäter“. http://www.caci.com/homeland_security/menu_mous.shtml
Diese drei Fälle sind weltweit die einzigen, bei denen von einer direkten
Mittäterschaft an den Anschlägen des 11.9. ausgegangen wurde.
3 Fälle, und drei Mal reicht das Beweismaterial nicht aus – drei Justizskandale.
Ein „Sieg der Justiz“ war nicht zu feiern, nur weil man Mzoudi freigelassen
hatte. Diese Verneinung der offiziellen Bewertung der derzeitigen Lage
gilt nicht nur, weil auch seine Berufungsverhandlung vor dem BGH noch aussteht.
Sondern weil offenbar wurde, dass die bundesdeutsche Justiz den Geheimdiensten
zum Fraß vorgeworfen worden war. Eine zurückhaltende Formulierung
angesichts der auch von der CDU/CSU konstatierten Obstruktion der Gewaltenteilung.
Normalerweise spricht man in solchen Fällen von „Staatsstreich“.
2001 und zuvor
Geheimdienste
Unter allen Schlapphutgilden dieser Welt sind manche wohlgeordnet
- in der DDR hatte die Stasi durchnummerierte Hauptabteilungen
http://www.mfs-insider.de/Grunddaten/Struktver1.htm
, in England heißen die bekannten Nummern MI5, MI6, und sogar
James Bond ist sauber mit einem 007-Nümmerchen versehen. In Deutschland
kümmert sich zunächst wohlgeordnet, wenn auch ohne Nümmerchen,
der BND ums Ausland und der Verfassungsschutz ums Inland. Wenn da nicht
noch MAD, Amt für Nachrichtenwesen, BfV und Landesämter des Verfassungsschutzes
wären, das BKA, Bundesgrenzschutz, diverse Polizeiabteilungen (Staatsschutzabteilungen
der LKAs), Sonderkommissionen und außerdem noch „befreundete“ Dienste
z.B. der USA, von CIA über FBI bis NSA, mit denen man wohl mehr als
nur ein wenig Datenaustausch betreibt. Das alles wird aber angeblich in
Berlin koordiniert, man spreche sich ab und mag sich, und Demokraten sind
sie ja alle sowieso. Selbst wenn sie übereinander stolpern oder miteinander
tanzen.
Also ist es nicht unanständig, nachzuschauen, was die guten
Zuständigen über die bösen Unholde in der Hamburger Marienstraße
wussten. Hätte nicht der Mord an über 3000 Menschen in WTC und
Pentagon verhindert werden können?
„Wir waren alle so überrascht“ – die Standardlüge aus den
USA auch hier
Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz war besonders
zuständig. Die übergeordnete Innenbehörde wechselte im Winter
2001 aus der Hand der SPD an einen Herrn Schill. Da die Akten nicht verbrannt
und das Personal nicht in KZs verbracht worden waren, verantwortete Schill
nun eine Zeit lang, was Rotgrün 2001 an Erbschaft hinterlassen hatte.
Sein Innenstaatsrat Wellinghausen, der kurz vor Schills eigenem Abgang
geschasst worden war, fand das alles so interessant, dass er es laut „Hamburger
Abendblatt“ vergaß, die Polizeiakte über die 2001-Aktivitäten
in der Marienstraße zurückzulegen und sie aus dem Amt mitnahm.
Ein „Geheim“-Stempel reizt eben, das alles mal lesen zu dürfen, und
Potential für künftige „Gefälligkeiten“ wirft eine Geheimakte
vielleicht auch ab. Herr Wellinghausen bestreitet das alles übrigens,
die Hamburger Bürgerschaft beschäftigte sich intensiv damit,
denn: "Das als Verschlusssache eingestufte Dokument enthielt eine Aufstellung
der Verfassungsschutzerkenntnisse über die Hamburger Terrorzelle um
Mohammed Atta, einer der Attentäter des 11. September 2001."
Also halten wir uns an das LfV selbst, an den guten alten Verfassungsschutzbericht,
der April 2002 für das Jahr 2001 vorgelegt wurde. Nach mancherlei
Erbaulichem über Osama und die Wilde 19, auch Islamismus, finden wir
dort: „Am 12.09.01, 22.18 Uhr, übermittelten US-Behörden deutschen
Sicherheitsbehörden eine Liste mit 19 Tatverdächtigen,“
Zur selben Zeit wurden auch die sogenannten Passagierlisten veröffentlicht.
Und so entstanden bekanntlich statt 4 klarer Listen pro Flugzeug jeweils
mindestens zwei Namensaufzählungen mit einigen Jokern – ausgetauschten
oder nachträglich eingefügten Namen. Das Spiel begann. Das mit
der öffentlichen Wahrnehmung.
Denn kein Wort verliert dieser Verfassungsschutzbericht darüber,
dass man seit vielen Jahren die Telefone und die Marienstraße 54
überwacht hatte. Das sagte das LfV erst am 18.11.2002: „Tatsache ist,
dass mehrere deutsche Sicherheitsbehörden gegen Herrn Darkazanli ermittelt
haben und zur Zeit noch ermitteln. Hierzu konnte das LfV eigene Erkenntnisse
beisteuern, die auch an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt
wurden.“
Lassen wir den unerheblichen Namen Darkazanli beiseite. Mit den
vielen Namen der unter Verdacht stehenden Unholde wird man ganz konfus
gemacht. Wir haben es amtlich: „mehrere deutsche Sicherheitsbehörden“
schnüffelten. Aber nicht das BKA. Das wollte zwar, durfte aber nicht.
Was durch eine Anfrage einiger CDU/CSU-Abgeordneter im Bundestag ebenfalls
amtlich wurde. Antwort Bundestagsdrucksache 14/7247
http://dip.bundestag.de/btd/14/072/1407247.pdf
Nur das BKA durfte nicht mitmachen beim Tanz der Schlapphüte.
Das wurde von Kay Nehm angeordnet. Nehm ist weisungsgebundener Generalbundesanwalt
und behauptete, da habe das BKA keine ermittlungsrelevanten Beweise in
der Hand gehabt. Für alle anderen war die Marienstr. verdächtig
genug gewesen....
Seine Weisungen erhält er von der Bundesjustizministerin. Außer
– ja außer wenn er sie direkt aus dem Kanzleramt bekommt wie direkt
nach dem 11.9.. Es wurde ihm dort gesagt, wie und gegen wen zu ermitteln
sei. Die 500 BKA- und LKA-Beamten, die nach dem 11.9. ausschwärmten,
wurden gelenkt. Warum das? Beinhaltet diese Information aus dem Deutschen
Richtertag 2003 http://www.drb.de/doc/presse_ristatag.pdf
nicht auch, dass Nehm Weisung erhalten hat, gegen wen NICHT
zu ermitteln sei?
Wer war „unser Mann in der Moschee“ – und war es nur einer?
Wenn die WG Attas aber auch schon Jahre vorher observiert
worden war - wo sind die Berge des Belastungsmaterials aus über 30
Hausdurchsuchungen nach und den Jahren der Observierungen vor dem 11.9.?
Ich spreche also NICHT von US-Akten, die dem Gericht nicht vorgelegt wurden,
sondern von Ermittlungsergebnissen aus Hamburg ! Das OLG erhielt offenbar
nur Auszüge nach Gusto der Dienste, diese Belanglosigkeiten aber in
rauen Mengen. Bekanntlich werden so auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse
lahmgelegt. Nicht durch ein „Mauern“ wie früher, sondern durch nicht
zu bewältigende Aktenberge. Die harten Infos wie die „Wellinghausen-Liste“,
die BKA-Ermittlungen aus dem Frühjahr 2001 (die Nehm als unzureichend
eingestuft hatte), die Antworten auf –zig öffentlich gestellte Fragen.
Die Geheimniskrämerei ergibt nur dann Sinn, wenn die Observierung
Ergebnisse erbracht hat, die der deutschen und der US-Regierung mehr schaden
als den Angeklagten Mzoudi und Motassadeq. Die Dienste beider Staaten haben
jedenfalls in der Hamburger Marienstraße 54 im Vorfeld des 11. September
ein seltsames Spiel getrieben. Die Frankfurter Allgemeine Sonntageszeitung
sprach am 2. Februar 2003 von „den Augen diverser Nachrichtendienste“.
Und: „Das LfV verfügte über einen Mitarbeiter, der das Amt mit
detaillierten Informationen über die Al-Quds-Moschee und ihre radikalen
Stammgäste versorgen konnte.“
Zählen wir mal durch, wer dieser Mitarbeiter NICHT gewesen
sein kann: Atta, Al-Shehhi, Jarrah nicht, denn diese konnten nach dem 11.9.
nicht mehr aussagen. Binalshib auch nicht. Sonst säße ja ein
LFV-Mann in den USA in Haft. Darkazanli ebenfalls nicht und auch nicht
Zammar, an denen sich auch schon die CIAler die Zähne ausgebissen
hatten beim Versuch, Darkazanli »als Agenten zu gewinnen« (Chicago
Tribune, 31.10.2001). Es sei betont, dass mit Zammar und Darkazanli Leute
geworben werden sollten, die bis heute in jedem Bericht als „mutmaßliche
Terroristen“ bezeichnet werden. Noch deutlicher: es waren nicht Bekannte
und Freunde derjenigen, die für Terroristen gehalten wurden, sondern
die Terroristen selbst, die angeworben werden sollten.
In welch hohem Maße uns Unsinn erzählt wird, offenbart
folgende Anekdote: Am 31. Oktober 2001 brachte ein serbischer Einbrecher
einen Stoß Darkazanli-Akten ins Hamburger Polizeihauptquartier. (“CIA
stalked Al Qaeda in Hamburg“) Die habe er gerade gestohlen, erklärte
er. Wie es Einbrecher bekanntlich gerne machen, sie bringen ihre Beute
zur Polizei. Interessant dabei ist nicht nur die offensichtliche liebe
Not mancher Ermittler, das Vorhandensein bestimmter Akten zu erklären,
sondern die Pointierung auf „serbisch“. Als hätte nicht ein Durchschnittseinbrecher
gereicht. Es ist eben einer der vielen kleinen Anhaltspunkte, die (hier
völlig unfreiwillig und als Randnotiz zu einer Randbegebenheit eines
Nebenschauplatzes) darauf hindeuten, dass die Hamburger Ereignisse
mit denen auf dem Balkan in einer noch zu klärenden Verbindung stehen.
Zurück zu „unserem“ Mann unter den Islamisten: Motassadeq und
Mzoudi waren es gewiß auch nicht. Auch nicht der auf der Flucht befindliche
Bahaji. Also war der Mitarbeiter des LfV irgendeine der unzähligen
anderen Personen. Ein „mutmaßlicher Terrorist“? Lassen wir es zunächst
dabei. Wie schon erwähnt, suchte sich auch die CIA Leute aus den Hamburger
Islamistenkreisen aus. Wir wissen nicht, ob sie ebenfalls erfolgreich waren,
wir können es nur vermuten. Denn wenn wir schon einen Mitarbeiter
des Verfassungsschutzes haben und bestätigt bekommen, dass sich die
CIA, konkret ihr Ortshäuptling Thomas Volz, heftig um Mitarbeiter
aus der Szene bemühte, dann ist es völlig unwahrscheinlich, dass
dabei nicht über die Jahre auch Erfolge erzielt wurden. Ziehen wir
nun noch die Parallele zum Fall „NPD-Verbot“, wo höchstrichterlich
festgestellt worden war, dass viele Agenten zugleich eingesetzt waren,
teils ohne Wissen voneinander, so ist davon auszugehen, dass eine derartige
Situation erst recht bei mehreren deutschen UND ausländischen Diensten
bestanden haben dürfte. Ein Tanz der Schlapphüte, und nachweislich
mit gegenseitigen Verstimmungen, wenn man übereinander stolperte.
Dass in Hamburg ein interessantes Beobachtungs- und Rekrutierungsfeld
bestand, belegt die „Operation Zartheit“, die seit Herbst 1997 vom BfV
gestartet worden war: eine allumfassende Beobachtung, von der im amtlichen
Dokument „Verfassungsschutzbericht“ jedoch seltsamerweise nichts zu lesen
war. Selbst die FASZ konstatiert in der Nachschau: „... während der
Gespräche, die das BfV abhörte, fiel zweimal Mohammed Attas vollständiger
Familienname "Mohammed Atta Al Amir". Das BfV behauptet jedoch, man habe
"nur Vornamen identifiziert". Es bestand somit nicht etwa das Problem,
einerseits sinistre Planungen zu belauschen, andererseits nicht zu wissen,
wer diese plante. Die Handelnden und ihre Beziehungen untereinander waren
bekannt. . Davon war jedoch in den ersten Verlautbarungen der Dienste nichts
zu lesen Anders gesagt: wenn in dieser wichtigen Frage nach dem 11.9. gelogen
wurde, steht zu vermuten, dass es sich nicht um die einzige Lüge handelt.
Die Dienste geben nur das zu, was ihnen unwiderlegbar nachgewiesen wird
– aber sie sind zunächst in hohem Maße die Quellen und Hüter
der Informationen.
Vier Jahre Zartheit
Eine Geheimdienstoperation, die von Herbst 1997 bis 11.9.2001 vier
Jahre lang Daten sammelt, bei der zumindest ein Mitarbeiter eingeschleust
ist, an der mehrere Geheimdienste beteiligt waren, bei der weitere Anwerbeversuche
scheiterten, eine solche Operation wäre völlig sinn- und zwecklos,
wenn sie nur telefonisch ausgetauschte Kochrezepte zum Ergebnis gehabt
hätte statt handfester Verbrechensplanungen. (Es
wurde aber schon im März 1999 einer der angeblichen Attentäter
des 11.9. ausgemacht und an die CIA gemeldet ! Das wäre
reine Zeit- und Energieverschwendung gewesen. Zumal es für einen Interessierten
eine Frage von wenigen Stunden gewesen sein muß, simple Beziehungsgeflechte
aufzudecken. Es handelte sich ja NICHT um „Schläfer“ in Hamburg, die
im Verborgenen agierten, sondern um eine putzmuntere „Islam-AG“ an der
Uni, um Treffen in einer öffentlichen Moschee, nicht um irgendetwas
Verborgenes.
Was also rechtfertigte vier Jahre Aufwand? Worin bestanden die Erkenntnisse,
die das BKA veranlasst hatten (obwohl es mit der „Operation Zartheit“ des
BfV nichts zu tun hatte), im Jahr 2001 ermitteln zu wollen? Weit interessanter
als die Aussagen der Dienste sind somit die Tatsachen, die von diesen NICHT
erwähnt, besprochen und erklärt werden. Und damit meine ich nicht
einmal, dass den Ermittlern aufgefallen sein müsste, dass Mohammed
Atta und Al-Shehhi zwischen 1998 und 2000 auf den Philippinen waren zwecks
Flugunterricht, was wegen ihrer gleichzeitigen Anwesenheit in Hamburg unmöglich
war. Wie Bröckers und ich nachwiesen, gibt es -zig Anhaltspunkte,
von einem
„doppelten Atta“ auszugehen. Einer der handgreiflichsten war z.B. die
Erlangung zweier Visa am selben Tag, dem 10. Januar 2001. Die jüngsten
Forschungen Hopsickers in Florida belegen den rüpelhaften, saufenden,
schon fliegen könnenden, Frauen nicht abgeneigten Atta.
Das
ist derselbe wie der auf den Philippinen. (Auch in den USA gibt
es Atta gleich mehrmals.
Wobei Hopsicker noch vergessen hat, dass Atta am 7.9. abends auf dem selben
Inselchen wo Bush zwei Tage später residierte, ebenfalls gesehen wurde.)
Wenn Atta der „Zartheit“ nicht entwischte, sondern in Hamburg blieb
und brav sein Examen machte, sollte unseren Schlapphüten dieser Widerspruch
auch längst aufgefallen sein. Aber von einem Dementi der Informationen
aus Fernost war nichts zu hören. Aber wenn die Lausch- und Überwachungsaktion
eher eine Rekrutierungskampagne und eine Trickserei mit und gegen andere
Dienste und deren Anwerbungen war, dann kann schon Unklarheit über
den Aufenthaltsort der – angeblichen - Hauptpersonen aufkommen.
Balkan
Es gibt bis auf die räumliche Entfernung keinen Anlass, die
Terrorplanungen und die damit zusammenhängenden Geheimdienstoperationen
dieser vier Jahre getrennt zu sehen von denjenigen Aktivitäten, die
uns allen bekannt sind als „große“ Balkan-Politik. Also die Tätigkeit
von Terroristen in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens, im Kosovo, in Mazedonien,
Südserbien. Wir finden als Gemeinsamkeiten das saudische wahhabitisch-ideologische
und finanzielle Sponsoring, Ausbildung in Afghanistan, Drogen- und Mädchenhandel
als Zusatz- Finanzierung, Rückzugsraum in und logistische Unterstützung
aus Deutschland. In den Fällen Bosnien und Kosovo ist die Verwicklung
deutscher und US-Dienste bei der Unterstützung der islamistischen
Terroristen bekannt und in vielen Büchern beschrieben. Die neusten
Hinweise darauf waren diese vom Bodensee-Crash über Überlingen-
aus "Die Welt", 28.6.2003:
“Doch es gibt möglicherweise noch einen weiteren Grund, warum
der Doppelabsturz schnell zu den Akten gelegt werden soll: "Es gibt Leichenteile,
die nicht zugeordnet werden konnten", weiß Witti, "in den Trümmern
wurde außerdem ein albanischer Reisepass gefunden, der zu keinem
Passagier gehört." Weiter seien aus den Trümmern der Tupolew
mehrere Dokumente der US-Armee geborgen worden, die der 482. Fighters Squadron
zugeordnet werden könnten. Diese Einheit war unter anderem in Afghanistan
für verdeckte Operationen zuständig und ist es möglicherweise
noch.“
Der damalige Fluglotse wurde ermordet - aus "Spiegel", 25.Feb. 2004:
“Nun ermittelt die Polizei, ob es zwischen dem Mord und dem Flugzeugunglück
am Bodensee einen Zusammenhang gibt. Denn der 36-Jährige war jener
Fluglotse, der in der Nacht am 1. Juli 2002 für die Flugsicherung
verantwortlich...“
Der der Öffentlichkeit präsentierte Täter scheint
jedoch nur Sündenbock für eine inszenierte "Rache" zu sein, berichtet
die "Weltwoche" aus der Schweiz am 3.3.2004.
Kiew
In diesem Zusammenhang ist erkennbar, dass unter aktiver Mitwirkung
des Auswärtigen Amts z.B. in der Form, dass Visaerlangung gezielt
erleichtert wurde, Kriminelle, Prostituierte und auch mutmaßliche
Terroristen ab 2000 nach Deutschland geschleust wurden. Die Botschaft in
Kiew ließ z.B. im Jahre 2001 ca 150.000 „Touristen“ mehr einreisen
als sonst pro Jahr üblich war. Obwohl der zugrundeliegende Erlaß
Volmers für alle Botschaften galt, fand der Visaboom nur in Kiew statt.
Und die Ukraine grenzt halt an den Kaukasus, wo in Afghanistan ausgebildete
„tschetschenische“ Freiheitshelden operieren. In unseren Medien gilt ein
Tschetschene per se als kaukasischer „Wilhelm Tell“ – eine Sichtweise,
die bezweifelbar ist. Mittlerweile laufen gegen mindestens drei Mitarbeiter
des AA Strafanzeigen. Denn es ist aktenkundig, dass zumindest zwei mutmaßliche
Terroristen, die für das Drama im Moskauer Musical-Theater im Jahr
2002 verantwortlich waren, trotz einer Warnung des russischen FSB mit den
Hunderttausenden „Touristen“ mit einreisten. Auch war das BKA schon im
Jahr 2000 in der Botschaft in Kiew tätig und untersuchte die verdächtige
Schwemme. Oberster Chef des BKA ist Schily. Und die BKA-Aktivitäten
verliefen im Sande. MdB von Klaeden schrieb in seiner Pressemitteilung
vom 8.März 2004: „Wirksame Gegenreaktionen blieben aus oder erfolgten
in deutlicher zeitlicher Verzögerung. Nach bisherigen Erkenntnissen
hat Bundesinnenminister Schily dies geduldet.“ (Das Muster des ausgebremsten
BKA wiederholte sich in den Folgejahren, s.u., und die Parallele zur Kürzung
der Gelder für die Terrorbekämpfung beim FBI drängt sich
auf http://www.newsday.com.
Die CDU/CSU-Fraktion stellte unter 50 Fragen auch folgende Frage Nr. 27
an die Regierung: "Warum ist dieser Erlass nicht umgehend nach den Anschlägen
vom 11. September 2001 und der seitdem bestehenden Terrorbedrohung entsprechend
Sinn und Zweck des Ausländerrechts (im Zweifel für die Sicherheit)
aufgehoben oder geändert worden?"
Die Regierungsantwort (durch Frau Kerstin Müller) ist, wenn
auch ausweichend formuliert, eben darin wieder aussagekräftig: „In
allen derartigen Fällen muss der Antrag auf ein Schengenvisum grundsätzlich
abgelehnt werden, wenn bei irgendeinem der notwendigen Prüfschritte
ein „rotes Licht“ aufleuchtet.“
http://dip.bundestag.de
Alle diese Sätze nach dem Radio Eriwan-Verfahren („im Prinzip
ist und war alles bestens geregelt“) erklären nicht, dass auch nach
dem (von Frau Müller argumentativ bemühten) Erlaß des „Gesetzes
zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ vom 9. Januar 2002
noch im selben Jahr 2002 etwa 100.000 Visa MEHR ausgestellt wurden als
z.B. 1999 oder 2003. Legt man eine Grobrechnung an (200 Arbeitstage pro
Jahr mit je 8 Stunden á 60 Minuten = 96.000 Minuten), kommt man
bei 314.000 Anträgen im Jahr 2001 und 2002 265.000 auf einen Mittelwert
pro Antrag von 20 Sekunden Bearbeitungszeit. Im 20-Sekundentakt soll an
der Botschaft über Terrorverdächtigkeit entschieden worden sein?
Nehmen wir an, über Kiew wäre das „Fußvolk“, also
der „Bodensatz“ von Kleinkriminellen, sowie Drogen und Prostituierte für
die Geldbeschaffung für terroristische Aktivitäten in verschiedenen
Ländern Europas geschleust worden, und Geheimdienste hätten diesen
Strom aus Afghanistan sanft genutzt, überwacht und gelenkt (Fax BfV
an CIA: „Marwan kommt nach Hamburg“ ) vgl. http://www.stern.de/politik/deutschland/index.html?id=511535&nv=hp_rt_al
, dann wäre ein Zusammenhang zwischen dem 11.9., dem
Balkan-Terrorismus und den Diensten mittels eines „zufällig“ entstandenen
Touristenstroms gut verdeckbar.
"Längst
hat eine regierungsinterne Untersuchungsgruppe die Umstände um fragwürdig
ausgestellte Visa in der deutschen Botschaft im albanischen Tirana untersuchen
müssen - ein Ergebnis wurde bisher nicht veröffentlicht."
schreibt die Welt am 7.9.04.
De facto kommt keine Antwort der Regierung auf die Frage nach dem
„Warum“ des Volmer-Erlasses. Es gibt andererseits auch (noch) nicht einen
einzigen handfesten Beleg für einen Zusammenhang zwischen den Hamburger
Vorgängen und der Kiewer Schleusung. Es gibt nur Parallelen im Muster
der Vorgänge. So war in den USA ab Ende der 90er Jahre eine Schwemme
an arabischen Flugschülern zu verzeichnen, basierend u.a. auf einer
„laxen“ Visa-Genehmigungspraxis in der US-Botschaft von Dschiddah, Saudi-Arabien.
Gegen eine direkte Verbindung Hamburg-Kiew spricht zunächst
auch, dass die „Hamburger“ sich nicht per Bus durch die Ukraine über
Tage hinweg nach Deutschland quälten, sondern entspannt flogen. Nur
klärt das alles nicht das Verhalten von Schilys BMI und Fischers AA,
denn „ein durchaus bemerkenswerter Vorgang, der auch von Sicherheitsbehörden
mehrmals und massiv gerügt wurde“ („Spiegel-online“,10.3.2004), der
Hunderttausende von Menschen betrifft, wird nicht vollzogen aus reiner
Menschenfreundlichkeit oder um die CDU in Zuwanderungsfragen zu ärgern
oder ihr Munition für Wahlkämpfe zu liefern. Angesichts des Verhaltens
der Bundesregierung zum Terrorismus in der Balkanfrage (Unterstützung
der Terror-UCK) sowie der Warnungen aus dem BKA bleibt bis zur Lieferung
einer überzeugenden anderweitigen Begründung eine Recherchenotwendigkeit
in Richtung Geheimdienstoperation auf dem Tisch. Das ist der Zwischenstand
mit einer Garantie für weitere Nachrichten.
2002:
In dem Maße, in dem in den USA über den "Patriot
Act" das normale, an der Verfassung orientierte Funktionieren der Justiz
lahmgelegt und in Guantanamo gar völlig außer Kraft gesetzt
wird, zeigt sich, daß die US-Regierung keine gerichtsverwertbaren
Beweise für ihre Theorie von Osama bin Laden und den 19 Entführern
als Täter am 11.9. hat. Nicht nur in Deutschland werden "die Gesetze
verschärft", sondern weltweit. Aber hier läßt man zudem
einige Bösewichte verhaften und vor Gericht stellen, deren einziges
Vergehen es zu sein schien, früher einmal Mohammed Atta gekannt zu
haben. Interessanterweise geschah das erst viele Monate nach dem 11.9.,
obwohl doch
a) die Täterschaft von Atta und Co. angeblich nach wenigen
Tagen geklärt war und
b) damit die Mittäterschaft/Beihilfe so mancher Hamburger Muslime
dementsprechend
leicht hätte beweisbar sein müssen. Zumal sowohl
eigene Abhörprotokolle vorlagen, als auch Ergebnisse von Wohnungsdurchsuchungen
usw.. Auch war den deutschen Behörden seitens der CIA angeblich massenhaft
belastendes Ermittlungsmaterial zur Verfügung gestellt worden - wenn
auch mit dem Stempel "Nur für den Dienstgebrauch", also nicht für
die Gerichtsakten. Warum eigentlich?
Die Haupttäter waren doch angeblich tot, explodiert in den
Feuerbällen der Flugzeuge des 11. September. Und die Hintermänner
sind doch weltbekannt: Osama, Hussein und die Achse des
Bösen ... (Zu dieser Achse zählt die Bushadministration
neben Syrien, Iran, Nordkorea und Libyen auch Russland und China. Nicht
mehr dazu zählt nun Irak.)
Wenn nun nur die „Beihelfer“ zu verurteilen sind – wozu dann die
Geheimhaltung angeblich vorhandener Beweise?
Es reichte offensichtlich lange Zeit nicht einmal für einen
simplen Haftbefehl für Mzoudi, und manche Boulevardmedien schäumten
vor Wut darüber.
2003:
Während es die US-Regierung noch immer nicht schaffte, den
angeblichen "20. Attentäter"
Moussaoui vor Gericht zu bringen, gelingt es den deutschen Hilfswilligen
(„Koalition der Willigen“ war der Begriff Bushs für Staatsregierungen,
die hinter seiner Politik standen) , wenn man schon nicht offen im Irak
mitmacht, so doch die materiellen und geistig-medialen Nachschubwege für
die US-Kriege bereitzustellen. Zu letzteren gehört die Verurteilung
Motassadeqs wegen "Beihilfe zu etwas". Natürlich ist die offizielle
Anschuldigung eine „Beihilfe zum Mord in über 3000 Fällen am
11.9.2001“. Eben dieser Mord, der Verlauf des Tages, die Täterschaft
Attas usw. sind dabei jedoch völlig ungeklärt, und sie
waren nie Gegenstand einer Gerichtsverhandlung, nicht hier, nicht in den
USA (– deshalb nenne ich die Anklage Beihilfe zu "etwas“). Der Richter
geht daraufhin schnurstracks in die wohlverdiente Pension und wird wohl
im irdischen Leben nie wieder belästigt werden, keiner wird ihm je
wieder die Koffer klauen (bei einer Dienstreise in die USA gingen ihm kurzzeitig
die Gerichtsakten auf diese Weise verlustig). http://de.news.yahoo.com/030131/286/38yts.html
Aus der Sicht des Auslands nimmt man es nicht so genau mit einer
differenzierten Sicht auf unsere Gewaltenteilung, auf den Willen von Regierung
und Bevölkerung (durchaus nicht immer identisch), vergleichbar damit,
wie wir z.B. „die Franzosen“ oder „die Amis“ sagen. "Die Deutschen" hatten
somit aus Sicht der US-Presse geurteilt, dass am 11.9. Atta, Jarrah und
Al-Shehhi etwas Böses taten – aus dem Umkehrschluß, dass, wo
Terrorhelfer verurteilt werden, der Terror und die Terroristen gerichtlich
geklärt wurden. Die Deutschen mit ihrem guten Ruf in Sachen Genauigkeit,
Sorgfalt und auch ihrer kritischen Distanz zu der US-Politik Bushs hatten
also die Bush-Version des 11.9. abgesegnet. Das war die mediale Wirkung
des Urteils.
Die profane Wirklichkeit war jedoch ganz anders: nicht einmal war
bewiesen worden, dass Atta und die anderen in den Terrorflugzeugen saßen
(anhand z.B. von Bordkarten, Videos beim Einchecken usw.). Das war gar
nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern nur ob und nicht wozu Motassadeq
beihalf, irgendwie, und Mzoudi angeblich auch, irgendwie. Bundeskanzleramt
und Innenministerium weigerten sich in Sperrerklärungen, das CIA-
und FBI-Material, das zur Verfügung stand, dem Gericht zur Prüfung
zu übergeben mit der Begründung der oben angeführten Geheimhaltungsverpflichtung
- aber auch abgehörte Telefonate und andere eigene Akten blieben unter
Verschluss. "Das Wohl des Bundes" war ihr Argument (wörtlich aus der
Begründung des Kanzleramtes!, AP 22.1.2003). Als sei in einem Staat
mit Gewaltenteilung das Funktionieren der Justiz unerheblich oder minder
wichtig für das Wohl des Staates. Ramzi Binalshib durfte nicht als
Zeuge vernommen werden - die Verteidigung stand blank da. Und ließ
es zu, ihrer prozessualen Rechte auf Beweismaterial beraubt zu sein. Peinlich
war nur, dass eben auch die Staatsanwaltschaft nichts außer Behauptungen
in der Hand hatte.
Ein Wort zu Ramzi Binalshibh, dem angeblichen Drahtzieher des 11.
September, dessen angebliche Aussagen vor dem FBI nicht in die zwei Prozesse
eingebracht werden sollten, der als Zeuge nicht verhört werden durfte,
der dann aber angeblich die anonyme Quelle des BKA gewesen sein soll:
Niemand weiß, ob er wirklich in Pakistan verhaftet wurde (die
betreffende, vor TV-Kameras als Binalshib bezeichnete Person trug eine
weiße Binde um den Kopf) und ob er in den USA in Haft ist. Gesehen
hat ihn keiner. Vieles spricht dafür, dass er ein CIA-Agent ist, in
dessen Namen Aussagen je nach Erfordernis präsentiert werden.
Schon zu Prozessauftakt im Fall Mzoudi im August 2003 ließen
die Verteidiger wissen, dass für sie durchaus Fragen bzgl. der Haupttäterschaft
offen waren. Während des gesamten Prozesses wurde immer klarer: Beweise
für die Anklage lagen nicht vor. So dass schon seit Monaten absehbar
war: Mzoudi würde womöglich freigesprochen werden.
So sagte z.B. der Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz
Fromm, am 24.10. 2003 aus, die Anschläge seien nicht in Hamburg von
der Gruppe um die mutmaßlichen Flugzeugentführer, sondern in
Afghanistan von der Al-Qaida geplant worden.
Eine passende Aussage für die Anklage, um zwar aus der Beweispflicht
zu entwischen und aber den Bushisten dabei nicht allzu sehr entgegentreten
zu müssen, also eine Aussage, die dazu diente, die Fassade aufrecht
zu erhalten. Denn
a) Fromm wurde natürlich nicht nach den Quellen seiner Erkenntnis
gefragt - obwohl es doch erheiternd gewesen wäre zu erfahren, wie
die deutsche Verfassung in Afghanistan geschützt wird. Afghanistan
ist groß und Osama ist weit und Fromms Quellen blieben dunkel.
b) die Story von Osama und seinen wilden 19 wurde nicht angekratzt,
auch nicht die von Atta und Co. als Osamas Vollstreckern
c) zur eigentlichen Frage, WAS denn nun in Hamburg überhaupt
geplant, getan oder beigeholfen wurde, sagte Fromm damit nichts. Er hatte
nur gesagt, was in der Marienstraße NICHT getan wurde. Der uralte
Trick einer Nichtaussage. Der "Spiegel" zitiert daraufhin in der Titelstory
am 27.10.2003 der Vorsitzenden Richter Rühle: "Dann ist ja das, was
der Zeuge Motassadeq in seiner Erklärung gesagt hat, richtig gewesen,
dann hätte er ja freigesprochen werden müssen."
Das OLG ging später sogar noch weiter: Die Hamburger Zelle
sei keine "selbstständige Teilorganisation" gewesen, die als eigenständige
terroristische Vereinigung im Sinne des Strafgesetzbuch-Paragrafen 129
a anzusehen sei. ", zitierte die Süddeutsche am 20.12.03. http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/882/23859/
Damit wurde die Reihe der Nichtaussagen ergänzt.
Was Atta und Co. NICHT waren, wird definiert, um nicht definieren
und beweisen zu müssen, was die "Hamburger Zelle" war, plante oder
tat.
Schon im Oktober 2003 fand in Deutschland zwischen Otto Schily und
dem US-Minister für Heimatschutz, Tom Ridge, eine offizielle Begegnung
zu dieser Frage statt, auf der Schily die Fromm-Aussage herunterspielte.
Am 23. Oktober wurde vor Gericht ein Brief aus dem Bundeskanzleramt verlesen,
in dem dieses die Weitergabe von angeblichen Binalshib-Aussagen vor dem
FBI an das Hamburger Gericht verweigerte - man stehe im Wort. Die Wiederholung
der Sperrerklärung wie im Motassadeq-Prozeß.
Als sich derartige Beweisprobleme häuften, flog Schily Anfang
Dezember 2003 zu US- Justizminister John Ashcroft, um das Schlimmste abzuwenden:
dass von einem Gericht womöglich offiziell bescheinigt würde,
dass
a) der Ablauf des 11.9., die Haupttäterschaft von Atta und
Co. sowie die Nebentäterschaft Mzoudis
nicht beweisbar sind, und
b) dass das wenige, was angeblich beweisbar sein müsste, nicht
seitens der USA und nicht seitens der deutschen Regierung auf den Tisch
gelegt wird.
Offenbar wird die Obstruktion der Justiz und zudem der Verstoß
gegen die eigenen Prinzipien, gegen die Sicherheitsratsresolution 1373.
Es sind dies Verhaltensweisen, die man eher in einem sogenannten „Schurkenstaat“
ansiedeln würde. Kaum zu fassen, aber schwarz auf weiß ist wahr
und nachlesbar, dass die US-Regierung und ihr folgend die Bundesregierung
mit ihrem Verhalten gegen die seitens der USA selbst eingebrachte Forderung
aus der Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrates vom 28.9.2001 verstoßen:
"Der Sicherheitsrat, ...
2. beschließt außerdem, dass alle Staaten ...
f) einander größtmögliche Hilfe bei strafrechtlichen
Ermittlungen oder Strafverfahren im
Zusammenhang mit der Finanzierung oder Unterstützung terroristischer
Handlungen gewähren werden, einschließlich Hilfe bei der Beschaffung
des für die Verfahren notwendigen Beweismaterials, das sich in ihrem
Besitz befindet;"
http://www.un.org/Depts/german/sr/sr_01/sr1373.pdf
Im Dezember gibt das BKA die Selbstbezichtigung Binalshibs samt der
Mzoudi entlastenden Aussage nun endlich doch dem Gericht, und Mzoudi kommt
am 11.12.2003 frei. Zugleich ist dies aber auch der Befreiungsschlag Schilys,
denn die unkalkulierbare Fragerei im Gerichtssaal nach Beweisen für
die offizielle Version der Abläufe des 11.9. hört damit auf.
Eine ansehnliche Sammlung von Nichtaussagen findet sich in der Süddeutschen
am 23.12. dazu:
„Nach dieser Aussage hatte der Marokkaner nicht zur Hamburger Terrorzelle
um den
Todespiloten Mohammed Atta gehört, was ihm die Bundesanwaltschaft
in ihrer Anklage vorwirft. Die anonyme Aussage stammt nach Überzeugung
des Hamburger Gerichts von Ramzi Binalshibh, der als einer der Drahtzieher
der Anschläge gilt und sich in den Händen der US-Behörden
befindet. Das Hamburger Gericht schreibt in seiner am Dienstag veröffentlichten
Begründung, es sei nach dem derzeitigen Stand“ nicht zur Überzeugung
gelangt, die Aussagen seien „unglaubhafte Schutzbehauptungen“ von Binalshibh.“
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/35/24011/
Die verblüffende Wahrheitsfindung in Hamburg lässt sich
zusammenfassend also so beschreiben: das OLG ist "überzeugt" von der
Herkunft einer anonymen Aussage, jedoch "nicht überzeugt", diese sei
gelogen. Demnach gehört Mzoudi nicht zur Gruppe um Atta, doch selbst
wenn das so gewesen wäre, war diese Gruppe nach Auffassung des Gerichts
keine "selbstständige Teilorganisation", und wenn doch, dann hat sie
die Anschläge nicht geplant.
Solche Eselsbrücken werden selten in einer Zusammenarbeit aller
Beteiligter gebaut. Doch um zu verhindern, dass problematische Behauptungen
der Bushisten unterstützt werden, die dann in einem solchen Falle
aber bewiesen werden müssten, gaben sich alle Seiten Mühe, den
Justuzskandal auf niedrigstem Niveau abzuhandeln. Bush soll sich nicht
beschweren, er habe keine treuen Freunde hier in Deutschland. WAS allerdings
am 11.September 2001 geschah, also die Hauptfrage eines Prozesses zum Thema
„Beihilfe zum Mord in 3000 Fällen“, bleibt indes weiter ungeklärt.
"Die Informationsverweigerung, die die Bundesregierung gegenüber
der Justiz in Hamburg an den Tag gelegt hat, mutet sie nun auch dem Parlament
zu. Nach Gutsherrenart werden
Beweismittel zurückgehalten und nun auch die Aufklärung
der Gesamtumstände, die zur
Aufhebung des Haftbefehls im Falle Mzoudi führten, behindert.
... In einem Rechtsstaat ist es
nicht zu akzeptieren, dass die Vorgänge im Zusammenhang mit
der Übermittlung des Be- bzw. Entlastungsmaterials aus den USA völlig
im Dunkeln liegen und jetzt weiter vernebelt werden."
http://cducsu.de/Meldungen–17.12.2003
Das ist in dürren Worten wiederum einiger Abgeordneter der CDU/CSU
vom 17.12.2003 die Analyse eines kalten Staatsstreiches in Form einer Aufhebung
der Gewaltenteilung zumindest in dieser Frage - da die Exekutive die Jurisdiktion
und die Legislative aushebelt. Dass die Frage der "Hamburger Zelle" eine
Staatsaffäre ersten Ranges ist, zeigt die geheime Reise Otto Schilys
in die USA in dieser Sache, die dankenswerterweise vom „Spiegel-online“
am 27.12.2003 an die Öffentlichkeit gebracht wurde: „Schily auf geheimer
Mission -
Mit einem geheimen Besuch in den USA hat Otto Schily versucht, die
amerikanische Regierung zu mehr Unterstützung im Hamburger Terrorprozess
zu bewegen. Dabei ging es dem Innenminister vor allem darum, eine Freilassung
des mutmaßlichen Mitverschwörers Mzoudi zu verhindern.“ Selbst
unterstellt, die vermuteten Motive Schilys seien vom „Spiegel“ richtig
beurteilt, ist es in jedem Fall bemerkenswert, dass sich auf höchster
Ministerebene Geheimtreffen abspielten, die ein Urteil im Fall der Beihilfe
in einem Mordprozess betrafen.
Der Generalbundesanwalt zeigt so wie Schily ein seltsames Verständnis
des Verhältnisses von Justiz und Staatsräson, so auch bei Anzeigen
zum §80StGB wegen der Kriege gegen Jugoslawien, Afghanistan oder Irak.
Zur Not biegt sich der GBA seine juristische Fachliteratur auch
um 180 Grad zurecht, wie im Falle des Kommentars, der besagt, ein Staat
sei völkerrechtlich einem Angreifer gleichgestellt, wenn von seinem
Territorium aus der Angriff erfolgt. Was sachlich logisch, juristisch korrekt
und tatsächlich der Fall ist: beim Irakkrieg bzgl. der Airforcebasis
Ramstein. Der GBA zitiert den Gesetzeskommentar und behauptet, da stehe
nichts von einer Gleichstellung. http://www.jungewelt.de/2003/03-27/010.php
Es geht um nicht Geringeres als um die Tatbeteiligung Deutschlands
beim völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak. Dieses „politische“
Amtsverständnis zieht sich durch den gesamten Fall Mzoudi – siehe
oben, siehe unten.
Der Deutsche Richtertag machte auf diesen Geburtsfehler der Gewaltenteilung
– das politische Beamtentum und die Weisungsgebundenheit des Generalbundesanwalts
- im September 2003 aufmerksam. http://www.drb.de/doc/presse_ristatag.pdf
Die Net-Zeitung schrieb am 9.8.2003, http://www.netzeitung.de/deutschland/250395.html
nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA
habe auch Generalbundesanwalt Kay Nehm nach Besprechungen im Bundeskanzleramt
genaue Vorgaben erhalten, „wann er im Zuge seiner Recherchen welchen Anfangsverdacht
wie zu bejahen hat“. Nach Darstellung von Eingeweihten habe Nehm sich dies
gefallen lassen, „weil ihm die Abberufung drohte“, zitiert die Net-Zeitung
den „Spiegel“.
Doch nicht nur Karlsruhe ist weisungsgebunden, sondern auch Wiesbaden.
Die BKA-Zulieferung der angeblichen Binalshib- Aussage an das Gericht kam
also mit Schilys Nicken zustande. Es war dies der letzte Ausweg aus einer
sich anbahnenden Staatskrise, ausgelöst durch offensichtlichen Beweisnotstand
in Verbindung mit Obstruktion der Justiz. Nicht nur die Verteidigung, sondern
besonders die erstaunten Nebenkläger (Angehörige der Opfer der
Anschläge des 11.9. aus den USA) hatten Schily befragen wollen, was
die Heimlichtuerei der Bundesregierung zu bedeuten habe. Angesichts seiner
bisherigen Kooperationsverweigerung verzichtete das OLG dann lieber auf
die Einvernahme eines Zeugen Schily.
Es stellen sich zusammenfassend folgende Fragen:
o Was also ist am Fall Mzoudi so wichtig, dass dieser Aufwand halber
Staatsbesuche betrieben wurde?
o Warum spielt Schily das US-Spiel, anstatt öffentlich zu fordern,
die USA mögen sich an die
eigenen Sicherheitsratsresolutionen halten sowie an die in zivilisierten
Staaten übliche Regel, dass für Verurteilungen von Verdächtigen
Beweise erbracht werden müssen ?
o Warum geben die USA angeblich vorhandene Beweise nicht preis -
etwa weil es keine
Beweise gibt?
o Warum soll Deutschland Vorreiter bei windigen Verurteilungen spielen
– die US-Regierung drang darauf - während die USA nicht einmal in
der Lage sind, den angeblichen "20. Attentäter" Mousaoui seiner Tat
zu überführen?
o Warum gibt die Bundesregierung (wenn die US-Quellen versiegen)
nicht die unzähligen eigenen Erkenntnisse preis: Abhörprotokolle,
Durchsuchungsberichte, Verhör-Erkenntnisse, Ermittlungsergebnisse
aus vier Jahren Überwachung ? Zu den Geheimdienstquellen waren nach
dem 11.9. polizeiliche Erkenntnisse hinzugekommen. Und BKA-Quellen lagen
auch vor, denn wenn BKA-Erkenntnisse vor dem 11.9. dem GBA nicht für
ein Ermittlungsersuchen ausreichten - sind sie nicht NACH dem 11.9. erhellend
? Oder besagen diese Erkenntnisse etwas ganz anderes als Beweise für
Täterschaften Attas, Jarrahs usw.?
o Warum hatte der Generalbundesanwalt nach dem 11.September 2001
Weisungen im
Bundeskanzleramt entgegenzunehmen?
o Sind der Bundesregierung einige der Deutschen bekannt, die rund
um Mohammed Atta in
Venice/Florida aktiv waren, wie unser Co-Autor Daniel Hopsicker
enthüllt? Nachfragen, Ermittlungen, ein Interesse der Presse an diesen
Deutschen sind nicht aufzufinden – ein marokkanischer „Terrorist“ Mzoudi
wirkt anscheinend besser als Verdächtiger als ein Deutscher. http://www.madcowprod.com
2004
Der Kiewer Schleuserskandal fliegt nach einem Donnerwetter seitens
eines Kölner Richters auf, und die CDU sucht ihn für eine Kampagne
in Fragen der Zuwanderung zu nutzen. Die Vorverurteilungen gegen Mzoudi
und Motassadeq lösen sich in Luft auf. Die Dauerpropaganda verfehlt
dennoch die Wirkung nicht: im Bewusstsein weiter Bevölkerungsteile
bleiben Osama und die Wilde 19 die Schuldigen und die „Hamburger“ bleiben
weiterhin verdächtig, was sich in der Verweigerung der Wiederzulassung
zum Studium äußert.
Urteile des OLG zu Motassadeq im neuen Prozeß bzw. des BGH
in der Revision zu Mzoudi stehen an. Auch die Bomben von Madrid lassen
vermuten, dass Terror und seine Nichtaufdeckung Begleiter der Kriege
und innenpolitischen Scharfmacherei in vielen Ländern bleiben werden
– zunehmend in Europa. Und das BKA wird weiterhin – siehe „Spiegel“ und
ARD vom 16.3.2004 – bewusst bei seinen Aufklärungsbemühungen
getäuscht und belogen, diesmal von der spanischen politischen Führung
unter Aznar. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,290953,00.html
Allerletzte Informationen :
1) Motassdeq wurde auf freien Fuß gesetzt – nachdem 5 Tage
zuvor der Generalbundesanwalt „zufälligerweise“ in seinen Akten doch
noch entlastendes Beweismaterial fand. Es war ein Brief von Bahaji, den
dieser an seine Mutter gerichtet hatte, der abgefangen worden war. Darin
beteuerte er nicht nur seine eigene, sondern auch die Unschuld Motassadeqs.
Der Brief des flüchtigen Bahaji datiert von 2002, und man mag ihn
werten wie man will. Dass er dem Gercht gar nicht zur Bewertung vorgelegt
worden war, darin besteht der Skandal. Zurückhaltung von Beweismaterial
in einem Mordprozess – und kein Staatsanwalt traut sich, seinen obersten
Chef deswegen selbst vor Gericht zu bringen ... Eins ist jedenfalls klar:
Motassadeq sollte um jeden Preis verurteilt werden – wir haben einem politischen
Prozess zugeschaut.
2) Die Schleuseraffäre weitete sich aus. Die Journalistin der
"Dresdner Neuesten Nachrichten", die im Hotel der Terroristen nachgefragt
und mit dem sächsischen LKA gesprochen hatte, war bass erstaunt, was
sie aufgewirbelt hatte. Der „Spiegel“ zog sogar eine online-Nachricht komplett
zurück, nachdem das LKA in Dresden gekuscht hatte (es ging um die
Frage, wann und mit welcher Begründung das LKA vom BKA beauftraft
worden war, die Telefonverbindungsliste des Hotels, in dem die mutmaßlichen
Terroristen residiert hatten, dort einzufordern). Die Überschrift
hatte gelautet „Terrorspur führte nach Dresden“ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,293299,00.html
Der Schritt ist äußerst ungewöhnlich – normalerweise korrigiert
der „Spiegel“ seine Dateien entweder im Detail oder nimmt in einer Folgemeldung
auf die zuvor veröffentlichte falsche Nachricht Bezug. In diesem Fall
jedoch war die Nachricht nicht falsch.
3) Daß es jedoch mittlerweile feststeht, dass Schilys Schlapphüte
in Dresden zwei von FSB gesuchte tschetschenische Terroristen unbehelligt
wirken ließ, ist aktenkundig und wird seitens der CSU (MdB Uhl) nun
endlich auch nicht einfach mehr unter „Ausländerrecht“ abgehandelt.
Terrorismus unter dem Schutz von Bundesbehörden, darum geht es.
„Ungeklärt ist auch nach wie vor, weshalb der Tschetschene
Arbi Daudow mehrfach zwischen Moskau und Deutschland ungehindert reisen
konnte, obwohl der russische Geheimdienst FSB die deutschen Behörden
vor dem mutmaßlichen Terroristen warnte. Das Behördenverhalten
sei „ohne den nachrichtendienstlichen Hintergrund nicht darstellbar“ antwortete
das Innenministerium auf eine schriftliche Anfrage der CDU/CSU; und darüber
könne die Bundesregierung nur den für die Kontrolle der Nachrichtendienste
bestellten Gremien berichten. Kein Wunder, dass inzwischen Generalbundesanwalt
Kay Nehm dieses Verfahren an sich gezogen hat.
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/16.04.2004/1073921.asp
4. Auch der Prozess gegen Ishan G. neigt sich derweil einem unrühmlichen
Ende zu. Ihm wird vorgeworfen, eine AlQaida- Gruppe in Berlin gründen
zu wollen, Sprengstoffattentate seien geplant gewesen und dergleichen.
Das wollen V-Leute von denjenigen erfahren haben, die Ishan G. zwecks Werbung
für seine bösen Taten angeblich angesprochen habe. Diese jedoch
dürfen nicht vor Gericht aussagen. Das Gericht möge sich an die
Polizisten wenden, die die V-Leute vernommen haben. http://www.welt.de/data/2004/05/11/276555.html
Die Bundesanwaltschaft mutet also dem Gericht zu, ein Urteil
auf der Basis von Hörensagen der Hörensagen von Hörensagen
zu fällen. Welche Rolle spielt die Bundesanwaltschaft? Gibt es keine
funktionierende Dienstaufsicht in Karlsruhe? Wo bleibt die Empörung
der rechtstreuen Öffentlichkeit?
(c) Andreas Hauß, 11.8.2004
www.medienanalyse-international.de |