Weisskirchen
Transkript aus der Sendung des Deutschlandfunks „Kontrovers“ am Montagmorgen, 2.12.2002, Moderator Wolf Renschke. Gäste (zugeschaltet) der verteidigungspolitische Sprecher der CDU Christian Schmidt und der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gert Weisskirchen.
 
In den ersten 45 Minuten wurden schon Rechtsfragen und Aspekte der Waffenlieferungen an Israel behandelt.

Moderator Renschke: „Aus Freiburg ruft uns Herr Hauß an. Guten Morgen.“ 

„Einen schönen guten Morgen in die Runde.“

Moderator Renschke: „Sie sind nicht mit dem Auto unterwegs.“

„Ich bin nicht mit dem Auto unterwegs, ausnahmsweise mal einer.

Einen herzlichen Glückwunsch an Herrn Schmidt. Er hat Herrn Weisskirchen wunderschön festgenagelt in einer Grundlagenfrage. Es ging ja eben auch schon öfters mal um die Grundlagenfragen.

Also Grundlage unserer Verfassung ist, dass nach Artikel 26 Grundgesetz Angriffskriege verboten sind

Einwurf Weisskirchen: „28“

Hauß: „26. Ganz sicher 26. Nach §80 StGB ...

Einwurf Schmidt: "Da hat Herr Hauß recht, ja.“

Hauß: „Nach §80 StGB stellt die Vorbereitung eines Angriffskrieges ein Verbrechen dar, und an diesem Verbrechen bastelt im Augenblick die Bundesregierung, indem sie einen Angriffskrieg schlichtweg und einfach als Bündnisverpflichtung herbeilügt.
Denn, was Herr Schmidt sehr wohl sehr richtig gesagt hat: es gibt keine Verpflichtung.
Es wurde sehr wohl von Herrn Weisskirchen als auch vor einer Woche mal von Herrn  Klose, ebenfalls im Deutschlandfunk,
wurden solche Sachen zitiert wie das „Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut“ oder das „Wartime Host Nation Support Statut“.
Das eine existiert nicht mehr seit 1996, und das Zusatzabkommen hat überhaupt keine rechtliche Relevanz im Zusammenhang mit dieser Entscheidung zu Krieg oder Nichtkrieg.

Fakt ist:
Wenn ich aus meinem Wohnzimmerfenster heraus einem Mörder erlaube, einen Schuß auf die Straße abzugeben, dann wird die Polizei zu mir kommen und sagen „Wieso hast Du diesem Mörder diesen Schuß erlaubt?“
Das ist exakt dieselbe Situation, wie wenn man einen Luftraum zur Verfügung stellt, aus dem heraus ein Angriffskrieg stattfindet.
Denn um einen Verteidigungskrieg und um einen Bündnisfall, das hat Herr Schmidt ebenfalls richtig gesagt, geht es nicht.

Schlichtweg und einfach, Herr Weisskirchen, Sie stellen in dem was Sie sagen und in dem, was die Bundesregierung sagt, mit dem Wort „Bündnisverpflichtung“ die Sachlage völlig falsch dar. Es handelt sich um eine freiwillige Zusatzleistung, mit der wir jetzt im Augenblick den Kotau machen vor den Amerikanern, um äh, ja, die „schlechte Lage“, die sich eingeschlichen hatte im Wahlkampf, wieder ein bisschen gerade zu rücken. 

Aber das ist eine vollkommen freiwillige Leistung dieser Bundesregierung und hat mit Recht und Gesetz, mit unserer Verfassung und mit Völkerrecht nichts zu tun. 
Es ist Angriffskrieg, was Sie vorbereiten, und das was Sie vorbereiten, ist damit auch strafrechtlich bewehrt, und schlichtweg und einfach ein Verbrechen."

Moderator: „Nun soll Herr Weisskirchen selbstverständlich 
Gelegenheit haben zu erwidern.“

Weisskirchen (dieses geistige Gestammel ist sauber transkibiert und nicht aus Bosheit verfälscht. Hervorhebung von mir, A.H.):
“Lieber Herr Hauß, sie sind völlig auf dem Irrweg. Denn es dreht sich hier nicht um irgendeinen Angriffskrieg. Sondern wenn es  überhaupt um etwas drehen kann, dann kann es sich um etwas drehen, das vielleicht – aber auch nur dann, wenn es eine andere Resolution gibt des Weltsicherheitsrats, nämlich nach einer Entscheidung des Weltsicherheitsrats, und das – ist – sehr – wohl – völkerrechtlich – denkbar, dass dieses geschieht!
 Also insofern haben Sie sich gedanklich in etwas verrannt, an dem Sie nicht festhalten können. Völkerrechtlich wäre, wenn 1441 nicht erfüllt werden würde – das ist jetzt reine Spekulation, ein Feld der Spekulation, auf das wir uns bewegen, aber wenn die USA darauf nach einem weiteren Beschluss des Weltsicherheitsrats militärisch operativ werden würde, würde es sich überhaupt nicht um einen Angriffskrieg handeln. Also bitte bleiben Sie einfach in der gedanklichen Logik und springen Sie nicht aus ihr heraus.

Moderator Renschke: „Herr Schmidt – sind Sie denn richtig von Herrn Hauß verstanden worden?"

Schmidt: „Jaja, er hat mich schon richtig verstanden. 
Allerdings glaub ich in den Schlussfolgerungen sind wir wohl etwas unterschiedlich. 
Zum Angriffskrieg selbst: das ist wohl ein hypothetischer Fall, was jetzt diskutiert wird. 
Aber ich habe hier jetzt eine interessante Position vom Kollegen Weisskirchen gehört.
Er hat schlüssigerweise gesagt, die jetzige Resolution reicht noch nicht aus.
Das was normalerweise im Sicherheitsrat mit „all necessary means“, also mit allen notwendigen Mitteln zur Durchsetzung der Resolution notwendig sein sollte. 
Er erwartet noch eine zweite Resolution. Das heisst dann in der Tat, dass bis jetzt keine Rechtsgrundlage da ist.

Ende des wörtlichen, "entähten" Transkripts
Schmidt argumentierte dann weiter, 1441 sei für all necessary means genug und fragt sich nun, ob der Bundeskanzler das auch so sieht, denn sonst sei die Zurverfügungstellung deutschen Luftraums rechtlich sehr fraglich.

Moderator:
Wie stabil ist denn in dieser Frage, in dieser Frage die wir jetzt diskutieren, die Situation in der Koalition? 

Weisskirchen:
Also wir werden in dieser Frage darüber debattieren, ich sehe bisher nur an einem Punkt in dieser Frage nur an einem punkt dem Fuchspnzer einen klärungsbedarf  
bei allen anderen glaube dass wir eine gemeinsame position beziehen. 1441 biete eine Chance öffnet einen Krieg zu verneidenn, nein es gebe keine neue Variante,1441 heisst die letzte chance für Saddam Hussein, einen Krieg zu vermeiden, und daran müssen wir festhalten.

Da hat er sich rausgeredet. Es geht nicht um Hussein und 1441, sondern um die USA und 1441, Um die rechtliche Grundlage deutschen Handelns im Verhältnis zu den USA.

Hörerin Dannenberg aus Winsen spricht das Hochpäppeln Husseins durch die Giftlieferanten USA an. Eindeutig eine Aggression, wa die USA da planen.

Schmidt: Hussein verstehe nicht die Sprache des Diskurses, er habe die Flugverbotszone nicht respektiert.

Dannenberg: wrum gibt man einem solchen Mann  wie einem Kind die Zündhölzer, um damit zu zündeln - es gehe nicht um das  wegnehmen der Hölzer, sondern darum, sie ihm zu geben.

Beide voll im Schleudern, Stabilität wird als Notnagel argumentiert.

Hörer Riesenkampf aus Leipzig:
„Polemische Abschöpfung des pazifistischen Wählerpotentials“ durch Schröder.
Entweder man habe Bündnisverpflichtungen und dann muss man die benennen, oder ich gehe neue, davon getrennte, Verpflichtungen ein, dann sind die Gründe zu nennen. Als Staatsbürger habe man solches als Irreführung nicht verdient. Wenn ich so was im Staatsexamen sagen würde, würde ich durchfallen.

Herr Schreiner Thüringen:
Deutschland als Ansprechnpartner für Frieden, und soll sich grundsäztlich an militärischen Sachen nicht mehr beteiligt aus den Erfahrungen mit den zwei Weltkriegen.

Weiskirchen spricht dann von ISAF(also der Kuwaittruppe, die ach so friedlich sei), zivile Gesellschaft kann manchmal wegen der Diktatoren in diesen Ländern nicht aufkommen. Manchmal gezielt Notwendigkeit militärische  Aktionen zulassen
Schmidt: Zurückhalten. Aber auch die Erkenntnis, das Böse hätte gesiegt, wenn nicht die Guten eingriffen.. Verantwortung vor contra Flucht in die Geschichte.
Wir sind zu gross und zu integriert ins Bündnis, um uns rauszuhalten. 
 
 

Hinweise
a) Weisskirchen benutzt nicht nur in dieser Antwort nicht mehr das Wort „Bündnisverpflichtungen“, sondern auch in der folgenden halben Stunde nicht mehr vor den anderen Hörern.
b) Nachdem er in der ersten Stunde dieses Wort ausgiebig benutzte und nun so massiv darauf angesprochen wurde, hätte er die Möglichkeit gehabt, es zu erläutern, zu konkretisieren. 
Wo aber nichts zu erläutern ist, da ist nichts.
c) Durch die an Schmidts Äußerungen zeitlich  anschließenden Nachrichten fiel ich aus der Leitung. Gerne hättte ich noch geantwortet auf Weisskirchen, etwa so:

Wer mit so vielen „Wenns und Abers“ argumentiert (wenn Massenvernichtungswaffen gefunden werden, wenn das an die Uno gemeldet wird, wenn der UNO-SR dies als Bruch der Friedensverpflichtungen des Irak einschätzt, wenn dann eine einstimmige Verurteilung des Irak zustande kommt, wenn dann die USA beauftragt werden, den Irak anzugreifen, wenn dann die US-Airforce dies von deutschem Luftraum aus unternimmt) – ja dann steht die Bundesregierung auf sicherem rechtlichen Grund für die auch dann immer noch freiwillige Luftraumüberlassung.
Da sie jetzt aber ohne Wenn und Aber den Luftraum zur Verfügung stellt, diese Einschränkungen nicht macht, da die US-Regierung sehr deutlich macht, sie werden auch ohne erneute SR-Resolution losschlagen zum Ziel des Regimewechsels, da die US-Regierung Wert auf die Glaubhaftigkeit dieser Drohungen legt –handelt es sich um Vorbereitungen eines Angriffskriegs.
Um im Bild zu bleiben: das ist wie ein Zuschauen bei den Schussvorbereitungen des Mannes am Wohnzimmerfenster, der monatelang erklärt, er warte noch auf die behördliche Genehmigung zum Mord, aber schießen werde er auf jeden Fall, das sei klar.
Dieses juristische Problem umschiffend, schaffte es unlängst Herr Kolbow, parlamentarischer Staatssekretär, auf die Frage nach den Kriegsvorbereitungen auf den deutschen US-Basen die Auskunft zu erteilen, der Bundesregierung sei nichts von solchen Vorbereitungen bekannt. Die ganze Welt registriert den Truppenaufmarsch mit dem klaren Ziel und Zweck, aber die Bundesregierung macht die drei Affen.

Zudem kennt Weisskirchen noch nicht einmal die juristisch – konstitutionelle Grundlage seinr Arbeit, den entscheidenden Grundgesetzparagraphen 26, und Krieg zu bezeichnen als wenn die USA ... „militärisch operativ werden würde“ hat, wäre es nicht so traurig, schon etwas Skurilles.

(c) Andreas Hauß, 12.2002, http://www.medienanalyse-international.de/index1.html