Der "Hitler-Stalin-Pakt" - also der dt-sowj. Nichtangriffsvertrag von 39

und zwar in der Widerspiegelung bei der "Jungen Welt"
 
 
 

Schon wieder
Geschichtsklitterunng zu Polen

Schon wieder erweist sich die Junge Welt unfähig, über Beginn und Ursachen des Zweiten Weltkriegs korrekt zu berichten. Diesmal wird Werner Röhr vorgeschickt, der als renegat  der DDR-Geschichtsforschung  bemüht ist, na mal höflich gesagt, eigene Akzente zu setzen. In diesem fall durch die darstellung des  Nicht- Widerlegbaren in verbindung mit dem Widerkäuen westlicher und nationlistischer  polnischer Anti-Sowjet-Propaganda:

"... die Völker der hier verschobenen Länder wurden weder gefragt noch war ihr Interesse maßgebend. Der Nichtangriffs­vertrag war kein gewöhnlicher außenpolitischer Akt zwischen zwei Staaten, sondern markierte eine Wendung in der Stalin­schen Politik, die den vollständigen Bruch mit der bisherigen Außenpolitik der UdSSR und der KPdSU bedeutete und somit deren Bankrott. Stalin und die Regierung der UdSSR verhielten sich bei diesem Vertragsabschluß wie eine gewöhnliche imperialistische Großmacht beim Länderschacher.«"

Ein Eckart Mehls ist es, der das Röhr - Buch so zitiert und zusammenfasst.  Wir  können uns  einzig  mit  diesem  abtract in der JW befassen, aber  die Abfolge der Argumentation  scheint passend zu sein, eine stimmige Nacherzählung der Röhrschen Darstellungen wird hier, natürlich verkürzt, präsentiert unnd offensichtlich gedanklichnachvollzogen.

Logik spielt dabei keine Rolle, wen  es gilt, der sowjetischen Außenpolitik posthum noch eine reinzusemmeln. Denn wenn es stimmt, wie korrekt konstatiert wird:
1. " Die westlichen Bündnispartner Polens waren,... , schon Monate vor dem Kriegsausbruch, entgegen vollmundiger Erklärungen, entschlossen, die zugesagte Militärhilfe nicht zu leisten und Polen seinem Schicksal zu überlassen."
und 2. "»Hitler hatte seine Kriegsplanung nicht von einem vorherigen Vertragsabschluß mit Stalin abhängig gemacht. Der Krieg ge­gen Polen war Monate vor dem 23. August für die faschistische Führung eine beschlossene Sache, die Mobilisierung vor diesem Tag so gut wie abgeschlossen. Weder hat die Sowjetunion den Überfall verursacht noch ermöglicht…"

wenn dies also stimmt - was wäre dann also die "politisch korrekte" verhaltensweise der UdSSR gewesen? Was bitte? Die SU hatte  im Zuge der verhandlungen  VOR dem  Nichtangrifspakt auf die Dringlichkeit, Hitler zu stoppen, hingewiesen. Beide Vorbedingungen, die hier  angesprochen wurden, waren ALLGEMEIN bekannt. Ein Durchmarschrecht durch Polen zum Kampf gegen die Wehrmacht erhielt die Udssr von Polen nicht,  der britischen Unterhändler Admiral Drax ließ sich ewig Zeit, um (ohne  Vollmachten in der Hand zu haben) per Schiff in Leningrad aufzukreuzen. Ein gemeinsames Vorgehen gegen Hitler war NICHT in Sicht, so wie  im Fall  Spaniens, im Fall des  sog. Anschlusses, wie im Fall  München und im Fall des 15.3. 1939 - und absehbar würde dies so bleiben.

Die sowjetische Sichtweise war realistisch: England und Frnkreich ließen Hitler x-fach freie Bahn, sie ließen einen  der eigenen Partner nach dem anderen fallen, und selbst die Kriegserklärunng zugunsten Polens war nicht als Augenwischerei - denn was pasierte konkret? Der drole de guerre. Bis man im Sommer 1940 selbst zum opfer wurde. Aber "der Osten" war und blieb  das faschistische Hauptkriegsziel, alle wußten das.

Nochmal: was hatte die UdSSR tun sollen? die Völker der hier verschobenen Länder wurden weder gefragt noch war ihr Interesse maßgebend steht in der JW zu lesen. Eine Volksbstimmung in einem fremden, offenbar feindlichen Land durchführen in der Zeit zwischen  dem 23. August unnd dem 1. September 39? Der deutsche Angriff stand bevor - über den Aufmarsch der Wehrmacht schreibt Röhr ja selbst. 
Über das potentielle Abstimmungsergebnis läßt sich übrigens auch trefflich spekulieren. Grob gesagt, rückte die Rote Armee bis zur Curzon-Line vor, die ebenso grob gesagt auch früher (vor Gründung Polens) und auch heute die Ostgrenze des polnischen Siedlungsgebiets bzw. des Staats bildete. Deshalb hatte sie den namen nach dem  ENGLISCHEN Lord Curzon erhalten. (Dass sich nach dem  katastrophalen Verhalten Trotzkis in Brest  das neu gegründete Polen vom durch Krieg und Revolution geschwächte Russland dieses Gebiet samt nichtpolnischer Einwohner  holte und einverleibte, steht auf einem anderen Blatt). Polen hatte auch später noch  Geländezugewinne, über die man heute  freunndlich hinwegschweigt: so das  sog. "Hutschiner Ländchen", das nach  dem Einkassieren der Tschechoslowakei durch Hitler  an Polen "fiel". Soweit zum Thema Imperialismus und Besetzung fremder Territorien. 

Sowjetische Truppen marschierten erst dann in Polen ein, als  die polnische Armee endgültig geschlagen und  die polnische Regierung geflohen war: hatten britische oder französische Truppen in diesen zwei Wochen IRGEND etwas  für die Polen unternommen? Bis zu diesem Zeitpunkt hätte die UdSSR noch das Zusatzabkommen, mithin den Einmarsch, nicht  wahr werden lassen können. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Polen iegreich, die Westfront entstanden oder militärpolitische Vernunft bei der polnischen regierung  eingezogen wäre.

So aber - und die Geschichte kennt eben keinen Konjunktiv, wanderten polniche Truppen sogar noch in Lemberg (Lviv) in deutsche Gefangenschaft, deutsche Vernichtunngslager.  Lwow mußte   nach dem Zusatzabkommen wieder von den Deutschen geräumt unnd an die  Sowjettruppen übergeben werden. Aus dieser zeit stammen diese drei  Scans aus dem Buch "von Lemberg bis Bordeaux" von Leo Leixnerm, einem faschistischen Wehrmachtspropagandisten.

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[aus dem MAI-Archiv]

"Gesichter, die einem zu denken geben. Eine verräterische Bemerkung. Höflichkeit - keine Verbrüderung und Jubel."

Der JW-Artikel tritt an mit dem Anspruch letztendlicher Aufdeckung von Lügen - aber was  produziert er? Was hier nun nicht hingehört, aber wegen der "Verortung"  gesagt werden muss, damit die Schubladen nicht durcheinander geraten, ist, dass die UdSSR bis zum deutschen Überfall 1941 Handelsbeziehungen pflegte, ja und sogar Gefangene an Nazideutschland auslieferte. Auch zeichnete sich der Stalinismus nicht durch sonderliche Bequemlichkeit  sibirischer Kriegsgefangenenlager aus. 

Die Begriffe Curzon, Drax, 15.3., Hutschiner L. usw. sind für Interessierte leicht  im Internet  aufzufinden.

Lviv, heute eine ukrainische Großstadt, ist Partnerstadt von Freiburg und eine Reise wert.
 
 

    (c) Andreas Hauß, Januar 2010,
medienanalyse-international.de/index1.html
Im übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.