Camp David Die Personen: Colin Powell, amerikanischer Außenminister, Joseph
Fischer, deutscher Außenminister. Beide in Freizeitkleidung auf der
schattigen Veranda der bekannten Vielzweckanlage der US- Präsidenten,
entspannt in ihren Schaukelstühlen sitzend, eine Flasche Mouton Rothschild
Grand Cru Classé und eine Flasche Mineralwasser San Pellegrino stehen
auf dem mit einer "Stars and Stripes"-Tischdecke bedeckten, großen
runden Tisch. Beide trinken aus langstieligen dänischen
Designergläsern der Marke Holmegaard.
F, in einem leicht gequält klingenden, spöttischen Tonfall: Na, Colin, lass Dich bloß nicht erwischen, dass Du französischen Wein trinkst. Das ist nicht gerade patriotisch, schließlich habt Ihr doch in Kalifornien auch ganz gute Tropfen. Und außerdem: wo Euch doch der Chirac ständig in die Suppe spuckt ... P, schadenfroh grinsend: Mein lieber Joschka, nur kein Neid! Seitdem Du Dich selbst zum Asketentum bekehrt hast, habe ich immer so sehnsüchtige Blicke von Dir aufgefangen, nach den Meetings, meine ich, wenn wir den Absacker nehmen... Ich habe ja kein öffentliches Gelübde abgelegt, aber Du bist ja damit sogar unter die Literaten gegangen. Da muss man halt durch, wenn man glaubwürdig bleiben will. F, das Thema wechselnd: Du scheinst ja mit Deinem Chef ganz gut klar zu kommen, wenn er Dir das Camp fürs Wochenende überlässt, hätte ich gar nicht gedacht. Bei Deinen dauernden Querelen mit Donald, Paul, Dick und den anderen! Denn deren Lieder hört er doch eigentlich lieber, ist jedenfalls mein Eindruck. Verglichen mit Dir bin ich ja in einer besseren Situation. Erstens hat Gerhard keinen Schimmer von der Welt und schließlich habe ich noch eine ganze Partei hinter mir, und ohne mich könnte er nicht den Chef spielen. Das macht Spaß. P: Ach, weißt Du, ihr Europäer habt Jahrzehnte lang Kremlastrologie betrieben, bei uns läuft das ein bisschen anders, wir teilen uns das Ganze einfach auf nach dem Grundsatz "getrennt marschieren, vereint schlagen" - wenn Du als Ungedienter verstehst, was ich meine. F: Also Colin, eins muss ich Dir da schon sagen. Wenn ich auch nicht General war, aber taktisch hatten wir damals in Frankfurt ganz schön was drauf, frag mal die Beteiligten auf der anderen Seite, da blieb...... P, unterbricht ihn: Ich weiß, ich weiß, vergiss doch nicht, was Madeleine mir bei der Amtsübergabe...... F, P unterbrechend: Okay, okay, aber mal ganz was anderes. Wie läufts denn generell so, nachdem wir in Afghanistan aufgeräumt haben? P, zögernd: Tja, also.... wir sind eigentlich wild entschlossen, den Saddam nächstes Jahr mitsamt seiner Gang – wie sagt Ihr doch gleich in Deutschland, ich habe das noch so in Erinnerung aus meiner aktiven Zeit bei Euch – ja, jetzt fällt’s ,mir wieder ein, über die Wupper gehen zu lassen. Die Saudis machen es nicht mehr lange, und da muss also was passieren. Denn die Konkurrenz schläft nicht, auf Dauer können wir uns das nicht leisten. Außerdem weiß der Kerl zu viel. Und dann gibt es ja auch noch ein paar weitere Probleme an der Seidenstraße...... F, die Sorgenfalten vertiefend: Mensch Colin, könnt ihr nicht noch ein bisschen warten? Wir haben doch Wahlen im September, und die Sozis sind eh schon im Keller. Da muss ich wenigstens meine Leute bei der Stange halten - und nicht immer wird mir ein Farbbeutelschmeißer aus der Klemme helfen. Und ohne uns wäre das Jugoslawiending auch nicht so glatt gelaufen. (Fast flehend:) Alles, was wir im Sommer 1998 dem Charmeur versprochen haben, haben wir gehalten, Staatsbürgerschaft, Türkei, Zwangsarbeiterentschädigung, also..... P: Nee, nee, Joschka, Schnee von gestern. Alles gut und schön. Aber da beißt die Maus keinen Faden ab. Bei uns gehen die Primaries nächstes Jahr im Winter los, und bis dahin muss die Sache aus der Welt sein. Sonst kann sich Baby seine Wiederwahl abschminken. Und den brauchen die, wer weiß, wer nach ihm kommt! Jeder ist sich selbst der Nächste, da geht gar nichts. Und denk mal an das Klima in dieser gottverdammten Ecke... F, nach einer längeren Denkpause: Okay, sehe ich ein. Trotzdem hab ich ein Problem....Außerdem sind wir ab Januar auch im Sicherheitsrat.... P: Forget about the United Nations! Hühnerfutter! Mensch, Joschka, wo bleibt Deine Phantasie, wo Deine Kreativität? Wir wissen doch, dass Eure Truppe auf dem Zahnfleisch geht, die können wir bei dem Job sowieso nicht gebrauchen, na komm schon....... na? Willst Du mir wirklich weismachen, Du wüsstest nicht, wie Du das deichseln kannst? Nach Deiner Glanzvorstellung vor ein paar Jahren? Come on! F: Also gut, keine deutschen Soldaten.
P, ihn unterbrechend und kumpelhaft in Seite knuffend: He got it!
The rain in Spain falls mainly in the plain! Ich dachte vorhin schon, jetzt
würden wir auch mit Euch ein Problem kriegen, wie sonst immer mit
den Franzosen (wenn sie auch letztlich immer dabei sind). Genau so deichseln
wir das, wir Bündnisbrüder (lacht).
P: Eins noch. Stellt Euch darauf ein, dass wir zurückbolzen,
auch über die Schmerzgrenze hinaus, damit das klar ist.
F: .....vereint schlagen. Cheers! |