Rezension
Jürgen Elsässer
“Angriff der Heuschrecken.
Zerstörung der Nationen und globaler
Krieg”
(Verlag Pahl-Rugenstein, 230 Seiten,
17.90 Euro, ISBN 3-89144-376-5)
(vgl. auch diese Diskussion zu "Angriff
der Heuschrecken")
Bereits kurz nach Erscheinen hat das Buch
starke Resonanz hervorgerufen.
Elsässer äußert sich zum Zustand und zur Zukunft der Linkskräfte in Deutschland. Ohne jetzt den einzelnen Argumentationsschritten nachzugehen, sage ich dazu nur: 1. Das ist absolut notwendig, das Thema aufzugreifen. Schon allein deswegen: Lesepflicht. 2. Die Tatsache, daß Elsässer seine Analysen und Schlußfolgerungen in den “globelen Zusammenhang” stellt, und -siehe den Titel - dies ökonomisch fundiert, zeichnet Elsässer nicht nur als Marxisten aus. Heutige angebliche Marxisten handeln nämlich eben nicht so. Früher hätte man sie “Voluntaristen” genannt. “Wir wollen dies, wir wollen das”. So stellt sich derzeit das Eckpunkteprogramm für die Vereinigung der Linken dar - als ein Beispiel. Elsässer aber ist Realist - und das ist die wichtigste Eigenschaft eines Marxisten. Grenzvölker_ Konkret zum Buch, zum 6. Kapitel.
Also lassen wir uns doch drauf ein:
Warum hat ein Souveränismus eine reale
Chance, befruchtend auf die Entwicklung eines Widerstands gegen globelen
Imperialismus zu wirken ?
Warum steht das alles unter "Was tun"?
Ist doch nichts weiter als ein Appell an die Linke, seinem Gedankengang
zu folgen. Doch das ist reine Gedankentätigkeit, die bisher
unterblieb. Warum ist die Linke denn so, daß sie sich jeden Anklang
an nationale Überlegungen mit der Auschwitzkeule aus der Hand schlagen
läßt ? Ist es Angst vor den Joschkas ? Den Schilys ? den Schröders
? Ja - in Bezug auf die alte PDS kann man das schon meinen.
Meines Erachtens haben diese drei Gedankengänge, die sich anhand des "Was tun"-Kapitels ergaben eins gemeinsam: selbst Jürgen Elsässer hat (zwar das Dynamit im "Souveränismus" erkennend) den Zünder nicht gefunden. Das Verdienst, die Frage des Souveränismus aufgeworfen zu haben, ist ihm gewiß. Diskussionen darum sind mehr als notwendig. Aber ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, daß er Zentimeter vor dem Ziel steckenblieb, weil er das WESEN des Souveränismus nicht erkennt. Das RECHT. Die Linke hat sich Jahrzehnte lang die Butter vom Brot nehmen lassen, weil sie nicht ein gespaltenes Verhältnis zur Nation hat (das auch), sondernzum Staat. Zu Recht und Gesetz, wie sie sich in einer staatlichen Ordnung manifestieren. Im westen kam man als Linker nicht "dran" und lernte die Regeln nur als Knute kennen (und deshalb haben in Frankreich und Italien die Linken kein Problem, die Nationalflagge zu hissen - wer beteiligt ist, identifiziert sich auch), im Osten war die Knute der staatlichen Ordnung vorherrschend vor den Inhalten, die sie zu verteidigen vorgab. Der Souveränismus ist mehr als Pappmaché - Verfassungspatriotismus. Die Verfassung als erkämpftes RECHT zu begreifen bedeutet, dieses Recht gegen Machtansprüche von US-Konzernen ("Heuschrecken" z.B.) zu setzen. Das Recht auf ein Leben ohne "Risikokapital" gab es noch zu Kohls Zeiten. Es wurde rotzfrech und -grün abgeschafft. Hedge Fonds gab es zu Kohls Zeiten hier noch nicht, sie waren nicht zugelassen. Jeder Staat, der auf sich hält, und das können Schwächlinge im globalen Pusemuckel sein, lä0t Auslandskapital z.B. nur bis zu 49% zu oder bestimmt, welcher nationalität der CEO zu sein hat. Bei den Einreisebestimmungen machte es Brasilien vor, wie man sich nicht einseitig zum Affen machen läßt. Plötzlich mußten sich auch US-Amerikaner bei der Einreise fotografieren lassen, Fingerabdrücke abgeben usw.. Da geht es um konkrete Rechte, da wird es spürbar, sichtbar, erfahrbar. Wenn man den Gedankengang, daß die Linke sich endlich zur staatlichen Organisation ihrer Rechte (Grundgesez) bekennen muß und diese PROAKTIV vertritt, in das Konzept des Souveränismus einflicht, hat das neue Elsässerbuch ein gehöriges Potential. "Was tun" würde konkret: eine Linke, die nicht baff vor den "Tricks" der Bürgerlichen in den Gremien sitzt und nach den wenigen "Linksanwälten" in ihren reihen ruft, die hat Gewicht. Eine eLinke, die nicht jammert und pichelt, sondern hammert und sichelt, die hat Gehör - z.B. wenn sie selber handfeste Gesetzesentwürfe schmiedet. Auch wen sie nicht durchkommen. Aber die anderen müssen sich dazu verhalten. Eine Linke, die nicht ins Blaue hinein fordert, sondern im Stile lafontaines Finanzierungsmodelle mitliefert, die wird beachtet und löst Diskussionen aus. Dazu bedarf es Schulung. Lesen. Wissen. Sachkompetenz. Sind dies Eigenschaften, nach denen in der Linken bisher Kandidaten aufgestellt wurden ? Usw. , usf. An anderer Stelle spricht elsässer davon, die Linke müsse sich als "gesellschaftbewahrende" Kraft profilieren. Bravo. Das mit Leben füllen ! Es gehört dazu nicht nur, plebiszitäre Momente zu fördern, den Art. 20 GG mit Ausführungsbestimmungen zu versehen - wie J.E. zu recht fordert. Immerhin kommt hier das Wort "Grundgesetz" auch mal vor ... Ungeschickt lautet der Titel des Anhangs "Anhang". dabei sind in diesem Drittel des Buchs "alte" Artikel Elsässers zu finden, die wichtige Vorarbeiten bilden, ja eben viel Fleisch für die Knochen sind, die sonst so unvermittelt bleichen. Wir finden Interviews und Streitgespräche dort zu Europa, zu antideutschem Gebrabbel, zu Lafontainimus usw.. Das war nicht integrierbar, und eine besssere Idee habe ich auch nicht als einfach zu sagen: das ganze Buch lesen, samt "Anhang". Einen bunten Blumenstrauß genießen bedeutet nicht, ihn nicht auch mal ein wenig anders zu arrangieren, Prachtexemplare herauszunehmen und einzeln zur geltung kommen zu lassen. Elsässer hat uns was geschenkt und gesagt: macht was draus. Also los jetzt. |
(c) Andreas Hauß, Februar 2007
http://www.medienanalyse-international.de/ueberblick.html
Im Übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.