"Vaterlandslose Gesellen" war seit jeher
das Schimpfwort für Linke, die sich nicht gegen Angehörige
anderer Nationalitäten instrumentalisieren ließen. Daß
es dabei ein dialektisches Verhältnis zwischen Heimatliebe und Internationalismus
gibt, gilt es zu ignorieren. Also waren Linke schon immer Agenten Moskaus
oder- Variante bis heute- eben Stasi-Leute. Ostler. Ferngesteuert.
Was diesem Bild entgegensteht, darf nicht
ans Tageslicht. Und so sahen wir am
23.2.2008 eine Dokumentation über die Rettung Helgolands -
und nur ganz marginal kam zum Ausdruck, daß es da einen Disssens
zwischen Adenauers bestrebungen zur Westintegration und dem Wunsch von
Jugendlichen gab, etwas gegen die Remilitarisierung Deutschlands und die
Zerstörung Helgolands zu tun. Die DDR habe das alles propagandistisch
ausgenutzt.
Mit KEINEM Wort wurrde die FDJ erwähnt.
So weit und so lange währt der Kalte Krieg. Bis ins TV-Programm 2008.
Eine Magisterarbeit
(.pdf) kam hingegen zu dem Schluß: "Denn, auch wenn dies
von vielenSeiten bestritten wird, die »kommunistischen Besetzer«
haben zur Freigabeder Insel beigetragen, indem sie die Aufmerksamkeit auf
sie lenkten. Mitihrer Hilfe verschwand die Insel nicht aus den Medien,
sondern rückte sie in den Blickpunkt. Die Aktionen der KPD, SED und
FDJ zu bewerten, dasist nicht Aufgabe meiner Magisterarbeit gewesen. Festzustellen
ist jedoch,dass diese Seite der Geschehnisse um Helgoland nicht ausgeklammert
wer-den darf."
Ein frommer Wunsch. Es wird ausgeklammert.
Und das systematisch.
"Wir weichen der Gewalt" - Spiegel-
Berichterstattung damals 2/1951 - schon damals tauchte der politische
Gegner nicht auf, blieb ungenannt, in anderen Artikeln nur als
"Hitzköpfe" erwähnt.
Das mit der ehemaligen FDJ-Sekretärin
als Bundeskanzlerin war damals noch nicht abzusehen.
"Helgoland"
in Vietnam - aber auch Hubschrauber, Agent
Orange und andere Gaben aus Deutschland ...
Arnold Zweig
An den Militärkommandanten des
amerikanischen Berliner Sektors
. . . Der Übereifer einer im Straßendienst
beschäftigten Polizei und die zufällige Gestaltung der Berliner
Sektorengrenzen hat es vor einigen Tagen mit sich gebracht, daß das
Heft i des dritten Jahrgangs unseres ausgezeichneten monatlichen Magazins
OST UND WEST, das Januar-Heft, auf dem Wege von der Buchbinderei zur Druk-kerei
beschlagnahmt wurde.
Wir alle bemühen uns, auch durch
diese Zeitschrift die Brücke wieder herzustellen, die vom Anfang dieses
Jahrhunderts bis in die letzten Lebenstage der Weimarer Republik reichte
und das deutsche geistige Leben mit dem aller anderen fortschrittlichen
Nationen verband. Daß diese Brücke vom Hitler-Faschismus seit
der Ermordung Liebknechts und Luxemburgs, Erzbergers und Rathenaus gehaßt
und gefürchtet wurde, weiß die Welt und ebenso, daß ihr
Abbruch vor nun genau sechzehn Jahren die Epoche des totalen Krieges einleitete,
des Krieges gegen alle schöpferischen Elemente der Erdbevölkerung.
Als Rückschlag dieses totalen Krieges erheben sich jetzt rund um die
Bewohner hunderter von europäischen Großstädten Ruinenfelder
. . .
Ich wäre Ihnen dankbar, sehr geehrter
Herr, wenn dieser mein Brief dazu beitrüge, das kleine Versehen schleunigst
wieder gutzumachen. Als Vater eines Ihrer GI im hoffentlich letzten Weltkrieg
und als Mitglied des PEN-Clubs, das 1939 noch die unvergeßliche Gelegenheit
hatte, Ihrem großen Präsidenten Franklin D. Roosevelt im Weißen
Haus die Hand zu drücken, halte ich mich für legitimiert, Sie
darum zu bitten.
Lassen wir, sehr geehrter Herr, die kurzsichtigen
Tagespolitiker ihre Streitigkeiten untereinander ausfechten — es sind »querelles
allemandes«, die schnell genug verdunsten werden, und helfen wir
Soldaten und Intellektuelle jenen dauerhaften Frieden herzustellen, ohne
den weder Ihre Staaten noch die unseren imstande sind, unsere Pflichten
zu erfüllen der heutigen Generation gegenüber wie allen kommenden.
(27. i. 1949 - Viertausend Exemplare der
von Alfred Kantorowicz herausgegebenen Zeitschrift »Ost und West<
waren beim Durchqueren einer Spitze des amerikanischen Sektors beschlagnahmt
worden; die Beschlagnahme wurde nicht rückgänig gemacht. - Ein
knappes Jahr später ordneten die DDR-Behörden die Einstellung
der Zeitschrift an - der Titel >Ost und West« paßte in keine
der »politischen Landschaftern.)
Aus dem MAI-Archiv:
(ZU UNSEREN BEITRÄGEN
HEINRICH MANNS Essay „Die geistige Lage"
ist ein Abschnitt aus seinem - demnächst im „Aufbau-Verlag" erscheinenden
autobiographischen Buch „Ein Zeitalter wird besichtigt".
GEORGES BERNANOS' Darstellung der „Retter
der christlichen Zivilisation" ist seinem Buch „Les grands cimetieres sous
la lune" entnommen.
THEODORE DREISERS Bericht über seine
„Reise im Spanien des Bürgerkrieges 1938" ist ein Vortrag, den er
nach seiner Rückkehr im Kreise seiner Kollegen von der „Leagqe of
American Writers" gehalten hat. Der Vortrag ist dem Nachlaß des großen
Dichters entnommen und erscheint an dieser Stelle zum ersten Mal im Druck.
BERTOLT BRECHTS Einakter „Die jüdische
Frau" gehört einer Reihe von 24 Szenen aus dem Leben deutscher Menschen
an, die unter dem Titel „Furcht und Elend des III. Reiches" zusammengefaßt
sind. Der große Dichter und Dramatiker lebt gegenwärtig noch
in USA.
MAX SCHRÖDER, der aus Lübeck
stammende Kunsthistoriker und Literaturkritiker, ist kürzlich nach
I4jährigem Exil nach Deutschland zurückgekehrt. Er lebt gegenwärtig
als Cheflektor des Auf bau-Verlages in Berlin.
Dr. GÜNTHER BIRKENFELD, Berliner
Romancier und Publizist, ist Lizenzträger und Herausgeber der Jugendzeitschrift
„Horizont".
FRIEDRICH SCHULTZE lebt als freier Schriftsteller
in Berlin.
FRIEDRICH FRANZ GRAF TREUBERG ist Chefdramaturg
der Hebbel-Theater in Berlin.
Die anderen Mitarbeiter der ersten Nummer
werden durch .einführende Artikel oder Vorbemerkungen im Heft vorgestellt.
Herausgeber: Alfred Kantorowicz
Redaktion: Berlin-Pankow, Westerlandsraße
15. Ruf: 480571. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine
Haftung übernommen. Der Nachdruck ist nur mit Zustimmung der Schriftleitung
gestattet. Übersetzung&rechte vorbehalten. Umschlagentwurf
und typografische Gestaltung: Moritz-Blank,)
Gustav Heinemann
Deutsche Sicherheit
(Am 31. 8. 1950 tritt der erste Innenminister
der BRD, Gustav Heinemann - damals CDU - zurück. Grund: Der Bundeskanzler
Konrad Adenauer hatte in einem Interview mit der >New York Tirnes< vom
18. 8. von der »Notwendigkeit starker deutscher Verteidigungskräfte«
gesprochen und am 29. 8. dem amerikanischen Hohen Kottiinissa" ein >Sicherb.eus!neKiorandxim<
mit ähnlichen Überlegungen übergeben, das
Orten der eindrüdtücfasK and
immer nadi a
Gesinnungsänderung des deutschen
Volkes sein. We
ier alte Verdacht gegen unseren
-n-eres Volkes verhängnisvoll belebt werden . . .
Die Aufstellung deutscher Truppen bedeutet
eine schwere Belastung i len Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn es bisher
nicht gelangt hat, den Os und Kriegsbeschädigten, den Wohnungslosen
und Sozialrentnern, der manchen anderen Gruppen unseres Volkes zu geben,
was ihnen zusteht, so ' Rüstungsausgaben ihre Situation nicht erleichtern.
Wo ist die soziale Geaeraisal arbeit, die hier eine Antwort vorbereitet?
Die andere Belastung erwächst unserer
jungen Demokratie. Die militirisca l-'-i. wird nahezu unvermeidlich wieder
eine eigene politische Willensbildung entfahr» _
Natürlich kann Deutschland jederzeit
von den anderen zum Schlachtieic t." "v •werden. Aber wir legitimieren
unser Deutschland selbst als Schlachtfeld, WEB» « ans in die
Aufrüstung einbeziehen. Ich weiß, daß es z. Zt. irreal
ist, an eise Versa digung unter den Weltmächten über Deutschland
oder an eine UXO-Lösa»s i Deutschland zu denken. Wer aber vermöchte
zu sagen, daß es auch morgen irreal st trird? Es kommt darauf an,
daß die Chance für eine friedliche Lösi:-; :L_:H: -•;:.::
geht. Unsere Beteiligung an der Aufrüstung würde das Aufkommen
eissr saä Chance kaum mehr offen lassen . . .
Der Bundeskanzler denkt in den Formen
autoritärer Willensbildung usä öa sä vertretenden Handelns.
Streiten wir dabei nicht um Verfassungswortlaate. W» < Wille zur
Mitbeteiligung des Volkes vorhanden ist, gibt es auch Wege, um d:<*g
M beteiligung aufzuschließen. Wir werden unser Volk nur dann demokratisci
^=-^ wenn wir Demokratie riskieren. Wenn in irgendeiner Frage der Wille
des denod Volkes eine Rolle spielen soll, dann muß es in der Frage
der Wiederaniräai
ttain . .
.
Mein Rücktritt aus der Bundesregierung
ist erfolgt, weil ich die Veraatwoni nicht tragen kann, die einem Bundesminister
zugemutet wird. Wo die dem ^»" obliegende Bestimmung der politischen
Richtlinien so verstanden wird, daß eme raeinsame echte Willensbildung
nicht stattfindet, und wo jeder nur mit Vonrürie» rechnen hat,
der sich den Richtlinien nicht willig fügt, möchte und kann ich
keine i Verantwortung tragen.
Mein Ausscheiden aus der Bundesregierung
möge das deutsche Volk vor die Fr führen, wie es sich Demokratie
denkt und was es von seinen Ministern envirtet-möge die deutsdien
Männer und Frauen insbesondere in der vor uns stehenden a liehen Frage
der Wiederaufrüstung veranlassen, selber nachzudenken und ihren \FI]
deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Marianne Wilke
Jugend befreite Helgoland
Helgoland ist nicht nur ein Markenzeichen
für Tausende von Erholungssuchenden, die alljährlich auf die
Nordseeinsel fahren, nicht nur Heimathafen der Hummerfischer und Zuflucht
für Wüstenschiffe, wenn die schweren Frühjahrs- oder Herbst-•örme
toben. Helgoland war auch immer aus militärischen Gründen begehrt.
Und deswegen war es den Helgoländern IW5 nicht wie anderen vergönnt,
mit dem Wiederaufbau «rer von Bomben stark zerstörten Insel
zu beginnen. Sie wurden auf Befehl der britischen Militärregierung
auf das and evakuiert. Die Royal Aif Force hatte Helgoland als tombenzielplatz
ausersehen.
Militärische Übungen für
einen neuen Krieg, damit woll-Bm wir jungen Menschen uns ebensowenig abfinden
wie mit äer Remilitarisierung der Bundesrepublik. So war ich begei-«ert.
als ich am 24. Februar 1951 erfuhr, am Tage zuvor wä-m sieben Jugendliche
auf Helgoland gelandet, um gegen ae nach mehr als fünf Jahren seit
Kriegsende immer noch «•dauernden Bombardierungen durch britische
Flugzeuge
eine zweite Delegation zu gewinnen, die
im März 1951 die Insel gebracht werden sollte. Ein FDJler, den ich,
M glied der Hamburger Guttempler-Jugend, in der Bewegui gegen die Remilitarisierung
kennengelernt hatte, führte dasl erste Gespräch mit mir.
Inzwischen war die erste Gruppe von deutscher
Polizesl und britischen Soldaten auf der Insel verhaftet und in das Kieler
Gefängnis gebracht worden. Das Bild des Sprechers! der Delegation,
des Kunststudenten Hans-Peter Göttscha aus Wedel, stand in vielen
Zeitungen. Selbst in der briti-l sehen Presse wurde die friedliche Besetzung
der Insel kommentiert. Es war klar: die Befreiung Helgolands konnte erreicht
werden, wenn man nachsetzte.
Die Vorbereitungen auf die nächste
Fahrt mußten natürlich unter strengster Geheimhaltung vor sich
gehen. Weder meine Eltern durften davon wissen noch selbst mein Freund.
Und das große Ziel ließ auch die Befürchtungen zurücktreten,
es könnte Schwierigkeiten mit der Schule geben (ich besuchte damals
das Fröbelseminar für Kindergärtnerinnen). Die Deutsche
Bewegung Helgolands, ein Bündnis ver-1 schiedener politischer Kräfte,
hatte uns in Brunsbüttelkoog versammelt, um mit der Vorbereitung der
Überfahrt zu be-1 ginnen. Im Hause des in illegaler Arbeit erfahrenen
Kommunisten Peter Umland trafen sich 13 Jugendliche, neun Jungen und vier
Mädchen. Sie waren Mitglieder verschiede- l ner Jugendorganisationen,
kamen aus Hamburg und Bremen, aus Niedersachsen und dem Ruhrgebiet. Die
Frühjahrsstürme waren in diesem Jahr so heftig, daß das
Auslaufen unseres Kutters immer wieder verschoben werden mußte. Fast
14 Tage mußten wir in Brunsbüttelkoog l verbringen, umsorgt
von Anna Umland und ihrer Tochter Erna. Wir durften nicht in den Ort hinausgehen,
nur einige Schritte auf den Hof. So merkte in Brunsbüttelkoog keiner,
welche Aktion in der Stadt vorbereitet wurde. Um nach Helgoland zu kommen,
mußten wir sogar zweimal in See
i der Mscner zm i/uu....»-------
Ak wir endlich auf dem richtigen Kurs
nach Helgoland waren, war die Nordsee immer noch sehr rauh. Bei Wind-Brke
sieben bis acht wurde unser 14 Meter langer Kutter ifng durchgeschüttelt,
und nicht nur die Binnenländer un-T uns hatten den Eindruck, ihnen
würden die Eingeweide •sedreht. Überdies war unsere Lage zunächst
äußerst un-taquem. denn um nicht von Küstenwachbooten gesehen
zu erden, mußten wir uns im Lagerraum aufhalten, in dem es •Kzig
nach Fisch roch. Erst auf hoher See, und als der härm etwas nachließ,
durften wir das Deck betreten. Hier •jachte unser Delegationsmitglied,
der Journalist Artur Kil-&. sein erstes Foto.
Der erste Eindruck von der Insel war überwältigend
und chütternd zugleich. Die Sandsteinfelsen ragten mächtig i
dem Wasser, und auch die Lange Anna, das Wahrzei-n der Insel, 63 Meter
hoch, etwas an den Schiefen Turm iPisa erinnernd, imponierte uns sehr.
Die Insel aber glich er einzigen Kraterlandschaft. Die britischen Truppen
••tten 4 600 Tonnen Sprengstoff, die auf der Insel lagerten, • die Luft
gesprengt. Alles war darauf angelegt worden, Helgoland unbewohnbar zu machen.
Nur der Flak-Bunker, •ser Ziel und Aufenthaltsort, war unversehrt. Ein
stolzes Gefühl hatten wir, als wir auf dem Turm unsere drei Flaggen
gehißt hatten: die Fahne der Bundesrepublik, die Schles-•is-Holstein-Fahne
und die Fahne in den Farben Helgolands. Dieses Gefühl wurde noch stärker,
als wir erleben Honnten, daß anfliegende Maschinen der Royal Air
Force | abdrehten, nachdem sie unsere Flaggen gesehen hatten.
Pech hatten wir beim zweiten Foto. Um
die gesamte Gruppe auf das Bild zu bannen, ging unser Fotograf immer weiter
zurück bis an den Rand des Kais, wo er den Halt verlor und in das
kalte Wasser stürzte. Mit großer Mühe gelang es uns, ihn
aus der Nordsee zu fischen. Zum Glück war er •averletzt, nur seine
Kamera war hin. Um sich nicht eine
auf dem Helgoländer Friedho:
eilten umgestürzte |
Steine wieder auf und machten uns mit
den Namen der alteingesessenen Familien bekannt, den Denker, Lörs,
Krüß oder Rickmers. Die kräftigsten Jungen gingen daran,
die | schwere Tür des Bunkers zu reparieren.
Gemeinsam schrieben wir am Text eines
Helgolandliede s das ich vertonte. Wir sangen es abends im Bunker, und
wir sangen es gegen den Wind bei der Arbeit. Wir sangen es auch, als wir
von Bord des Polizeibootes in die „grüne Minna" verfrachtet wurden,
um in das Kieler Gefängnis transportiert zu werden. Später tauchte
unser Lied in einer DDR-Jugendzeitung auf. Es war unser Text, die Melodie
aber hatte der namhafte Komponist Andre Asriel geschrieben. Offenbar war
ihm unsere Melodie zu laienhaft-einfach. Wir sangen es aber weiter auf
unsere Weise:
Nach Jahren des Krieges, des Kummers,
der Not,
Zerstörung das Land überfällt,
ein fremder Wille und Angriff droht
dem Frieden der Insel, der Welt.
Das Land, es darf nicht vergehen, soll
uns der Friede bestehen, rufen wir ins deutsche Land: Keine Bombe auf Helgoland!
Fünf Strophen wurden geschrieben,
in denen wir unseren Friedenswillen ausdrückten.
Besuch bekamen wir lediglich einmal, als
zwei Fischkutter vor dem schweren Sturm Schutz suchten. Die Fischer sprachen
uns Mut zu, bekundeten ihre Sympathie mit unserer Unternehmung und versorgten
uns mit Frischwasser. Au-
Nach einer Woche kam, womit wir gerechnet
hatten: Po-:=: ruckte an, um uns von der Insel zu holen. Rechtzeitig •ten
wir das Polizeiboot gesichtet und waren in unseren c^ier geflüchtet,
den wir verriegelten und von innen ver-cnkadierten. Es dauerte einige Stunden,
ehe sich die Poli-sreamten mit Hilfe von Schneidbrennern Zugang zum Imker
verschafft hatten.
h 14 Tagen Einzelhaft im Kieler Gefängnis
Harms-räße machte uns das Gericht der Kontrollkommission den
tozeß. Anklagepunkte: Unbefugte Landung und Aufent-ah auf Helgoland.
Unser Rechtsanwalt Dr. Curt Wessig BS Hamburg hielt vor Gericht eine leidenschaftliche
politi-d»e Verteidigungsrede, die mehrfach vom britischen Mili-•richter
unterbrochen wurde. Das Urteil gegen die vier ladchen: zwei Monate und
zwei Wochen Gefängnis; für die •nee n gab es einen Monat mehr.
Während wir auf Bewäh-•og freigelassen wurden, mußten die
Jungen ihre Strafe ab-•zen. Das empörte uns so sehr, daß man
uns mit Mühe aus tan Gerichtssaal entfernen mußte. Wenn schon,
dann wollen wir alle gemeinsam die Strafe antreten.
Unserer Delegation folgten noch drei weitere.
In der drit-en Gruppe waren schon mehr als 30 Mädchen und Jungen,
tasgesamt beteiligten sich 99 Jugendliche an diesen Lan-tangen auf Helgoland.
Gegen sie wurden insgesamt 367 kfonate Gefängnis verhängt. Aber
sie erreichten das ge-•eckte politische Ziel: die britische Royal Air Force
wurde [ezwungen, die Bombardierung Helgoland zu beenden, fach Debatten
im britischen Unterhaus und im Bundestag tot am 25. März 1952 der
Helgoland-Vertrag in Kraft, der fee Freigabe der Insel festlegte. Der Wiederaufbau
konnte heginnen.
den Grundstein für ein Gedeihen ihrer
Heimat. Auch diese Aktion soll nicht vergessen werden, denn auch sie erforderte
Mut und wurde von den herrschenden Politikern nicht eben mit Wohlwollen
betrachtet.
Der britische Geheimdienst und die bürgerliche
Presse in der Bundesrepublik hatten nichts unversucht gelassen, uns, die
Deutsche Bewegung Helgoland, zu diffamieren und die Helgoland-Fahrer als
kriminelle Elemente darzustellen. Es wurden Spitzel auf uns angesetzt und
Provokateure, die uns in der Öffentlichkeit herabsetzten. Dem britischen
Geheimdienst gelang es zwar auch, einen Agenten, einen früheren Hitlerjugend-Führer,
in den Vorstand der Bewegung zu bringen. Er wurde schließlich durch
die Wachsamkeit anderer, ehrlich zur Bewegung stehender junger Menschen
enttarnt. Was auch immer getan wurde, zerschlagen konnte man die Bewegung
nicht. Man konnte auch nicht verhindern, daß der Kreis der Sympathisanten
mit den friedlichen Helgoland-Besetzern in der Bevölkerung immer größer
wurde. Jener entlarvte Agent spielte übrigens später bis zu seinem
Tode eine Rolle im Springer-Konzern.
Nahezu 23 Jahre später kam ich wieder
auf die Insel Helgoland. Meine Partei, die DKP, hatte mich zur Kreistagskandidatin
für den Wahlbezirk Helgoland gewählt. Ich verteilte auf der Insel
Flugblätter, um zu begründen, warum ich für die DKP kandidierte.
Darin schilderte ich die Ereignisse des Jahres 1951, und ich berichtete
auch, daß sich in meiner Delegation fünf Kommunisten befanden,
die mit dazu beitrugen, mich für die Kommunistische Partei zu gewinnen.
Diese Flugblätter fanden ein reges Interesse. Es war aber für
mich erschreckend, zu erfahren, daß der Kampf der Jugend um die Befreiung
der Insel Helgoland bei jungen Menschen unbekannt war. Nur einige ältere
Menschen entsannen sich,
leDenaig ^ciucu ».umn-. „.---------
Kader lediglich, daß einmal ein
Prinz Hubertus zu Löwen-mtm auf die Insel gefahren war, um für
seine Idee eines pesteuropäischen Zusammenschlusses zu demonstrieren,
•dem er die „Europa-Fahne" aufpflanzte. Patriotisches Bandeln billigt man
hierzulande am wenigsten Kommuni-izu. Dabei gibt es auf der Insel Helgoland
durchaus Poli-r. die über die Geschichte besser Bescheid wissen. Dazu
_ären CDU-Bürgermeister Rickmers und
auch der K>-Fraktionsvorsitzende in der Gemeindevertretung, Pe-itEr
Botter. Aber der Antikommunismus hindert sie daran, [Sk die Verbreitung
der historischen Wahrheit zu sorgen.
Als ich nach 23 Jahren wieder auf Helgoland
war, traf ich 4ec damals 77 Jahre alten Rentner Franz Müller, der
mir ein Hd zeigte, „zum Beweis, daß ich echt bin". Es zeigte eine
kuppe von fünf Helgoländer Kommunisten, unter ihnen Franz Müller.
Sie hatten ein Transparent entfaltet: „Wählt Im Arbeiter Ernst Thälmann!"
Und er erzählte mit lebhaf-fea Worten von dem früheren Vorsitzenden
der KPD auf kr Insel, dem Arbeiter Julius Blaszkowski. „Der war ein angesehener
Mann. Als Redner konnte er es mit jedem Ge-•ssen vom Festland aufnehmen",
meinte Franz Müller. Bei [der letzten Reichstagswahl vor 1933 hatten
die Kommuni-•en mehr als 200 Stimmen bekommen.
Auch über die Entstehung der organisierten
Arbeiterbewegung weiß die offizielle Geschichtsschreibung auf der
In-I «l wenig. Aber ich bin sicher: diese Lücken werden ebenso
«schlössen wie jene, die mit der Befreiung im Jahre 1951 »sammenhängen.
historische
Einordnung in die antimilitaristische Bewegung dieser Zeit
Pardon- das OCR-Programm bekommt nicht
alles geregelt. AH |